× Logo Mobil

Karla Del Ponte in Serbien und Kroatien

Radio
FJ7
Berichte Kroatien
Das lange Jahre gespannte Verhältnis zwischen dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag und Serbien hat sich in den vergangenen sechs Monaten massiv verbessert. Das wurde gestern beim Besuch der Chefanklägerin Karla Del Ponte in Belgrad deutlich. Sie lobte ausdrücklich die gute Zusammenarbeit mit serbischer Regierung und Justiz; gleichzeitig betonte Del Ponte aber auch, dass die Verhaftung des mutmaßlichen bosnischen Kriegsverbrechers General Ratko Mladic die Voraussetzung dafür sei, um die volle Kooperation Serbiens feststellen zu können. Aus Belgrad berichtet Christian Wehrschütz:

Das ausdrückliche Lob der Chefanklägerin Karla Del Ponte für Serbien hängt auch damit zusammen, dass die serbischen Behörden sofort auf ein Video reagiert haben, das am Mittwoch in Den Haag beim Prozess gegen Slobodan Milosevic gezeigt wurde. Auf dem Film ist zu sehen, wie 1995 im bosnischen Srebrenica sechs Bosnjaken von Sonderpolizisten aus Serbien liquidiert werden. Noch in der Nacht auf Donnerstag wurden acht der Täter in Serbien verhaftet. Del Ponte sprach von einer ausgezeichneten Operation der Behörden, die sofort auf das Video reagiert hätten. Abgesehen davon, dass die zwei meistgesuchten Angeklagten, Ratko Mladic und Radovan Karadjic, noch immer auf freiem Fuß sind, kann Del Ponte auch sonst mit Serbien zufrieden sein. 15 Angeklagte wurden seit Herbst überstellt, wichtige Dokumente dem Tribunal übergeben und mehrere Zeugen wurden von Belgrad von ihrer Schweigepflicht entbunden. Weit weniger positiv ist jedoch das geistige Klima in Serbien. So fand jüngst an der Universität Belgrad eine Podiumsdiskussion statt, bei der das Massaker an 7800 Bosnjaken in der Stadt Srebrenica vor zehn Jahren verharmlost und geleugnet wurde. Dazu fand dieselbe serbische Regierung bisher keine klaren Worte, die von Del Ponte ausdrücklich gelobt wurde. Deutlich positiver äußerte sich die Chefanklägerin auch zu Kroatien, wo sie gestern am späten Nachmittag in Zagreb mit Ministerpräsident Ivo Sanader zusammentraf. Zentrales Thema war General Ante Gotovina, der letzten noch offenen Fall zwischen dem Tribunal und Kroatien. Der Fall Gotovina hat dazu geführt, dass die EU im März den Beginn der Beitrittsgespräche mit Kroatien verschoben hat, weil für Karla Del Ponte die volle Zusammenarbeit mit dem Tribunal nicht gegeben war. Daraufhin formulierte die kroatische Regierung einen sechs Punkte-Plan zur Lösung des Falles, den Ivo Sanader gestern Del Ponte im Detail erläutert hat. Anschließend sagte Del Ponte, sie sei nun davon überzeugt, dass die Regierung alles tue, um den flüchtigen Gotovina zu finden oder dazu beizutragen, dass er verhaftet werden könne. Von einer vollen Kooperation wollte die Chefanklägerin noch nicht sprechen, dazu brauche es noch etwas Zeit. Mitte Juni wird Del Ponte jedenfalls dem UNO-Sicherheitsrat ihren Bericht vorlegen. Ob die Bewertung Kroatiens derart ausfällt, dass die EU noch im Juni Beitrittsverhandlungen aufnehmen kann ist offen und hängt wohl auch davon ab, wie schnell die EU nach den negativen Referenden in Frankreich und den Niederlanden zur EU-Verfassung wieder nach außen voll handlungsfähig wird.

Facebook Facebook