× Logo Mobil

Kroatien vor Stichwahl um das Präsidentenamt

Radio
MiJ
Berichte Kroatien
In Kroatien findet morgen die Stichwahl um das Amt des Präsidenten statt. Klarer Favorit ist Amtsinhaber Stipe Mesic. Er erzielte im ersten Wahlgang vor zwei Wochen 49 Prozent der Stimmen und verfehlte damit die absolute Mehrheit nur knapp. Seine Gegenkandidatin ist Jadranka Kosor. Sie gehört der regierenden Partei HDZ an und ist stellvertretende Ministerpräsidentin und Familienministerin im Kabinett von Ivo Sanader. Sie erreichte im ersten Durchgang nur 20 Prozent und schaffte damit nur knapp den Einzug in die Stichwahl. Wahlberechtigt sind 4,4 Millionen Kroaten, darunter etwa 400.000 Auslandskroaten. Aus Kroatien berichtet unser Korrespondent Christian Wehrschütz.

Musik und organisierter Applaus bei Kundgebungen sollten vor allem bei der Kandidatin der Regierungspartei HDZ, Jadranka Kosor, eine Stimmung erzeugen, die im Kampf um das Amt des Präsidenten in der Bevölkerung nicht vorhanden war. I Wirklichkeit verlief der Wahlkampf in beiden Durchgängen ohne Höhepunkte und ohne Themen, die die Kroaten tatsächlich berührten. Am deutlichsten zeigte sich das bei den Fernsehduellen zwischen Amtsinhaber Stipe Mesic und Jadranka Kosor. Beide Kandidaten sind für den Beitritt Kroatiens zu EU und NATO und gegen eine Entsendung kroatischer Soldaten in den Irak. Die Gegensätze beschränkten sich daher auf Randthemen, wie die Frage, ob die 0,0 Promille-Grenze im Straßenverkehr angehoben werden soll oder nicht. Im Grunde war diese Frage müssig; denn der kroatische Präsident hat wegen seiner weitgehend protokollarischen Funktion auch bei diesem Thema keine Kompetenz. Trotzdem machte auch die TV-Konfrontation deutlich, welche unterschiedlichen Lager beide Kandidaten vertreten. Mesic wurde von der Mitte-Links-Opposition unterstützt, die von seinem voraussichtlichen Sieg zu profitieren hofft. In diesem Sinne äußerte sich Mesic zu einem allfälligen Referendum über das Verbot der Abtreibung so:

„Frauen, die Geld haben, fahren dann in die Nachbarländer und lassen dort eine Abtreibung bei qualifizierten Ärzten vornehmen. Doch jene Frauen, die arm sind, und diese Chance nicht haben, müssen dann zu denen gehen, die das illegal machen. Wer ist dann für einen möglichen Tod der Frauen und der Kinder verantwortlich? Daher bin ich gegen ein Referendum, sondern wir müssen uns dazu bekennen, dass die Frau das Recht der Wahl hat.“

Jadranka Kosor sagte dazu:

„Mein Standpunkt ist, dass das Leben von Beginn an bis zum natürlichen Tod geschützt werden muss. Gerade weil diese Frage immer politisiert wird und vor Wahlen wiederkehrt, habe ich gesagt, dass beste wäre, über diese Frage ein Referendum abzuhalten.“

Kosor vermied somit eine klare Festlegung. Sie kämpft um konservative und nationalistische Wähler. Ausweichend antwortete sie daher auch auf die Frage, was sie tun würde, sollte ihr der vom Haager Tribunal gesuchten mutmaßliche Kriegsverbrecher Ante Gotovina in einem Kaffeehaus begegnen:

„Ich bin nicht sicher, dass ich irgendetwas unternehmen würde, denn ich habe ihn viele Jahre nicht gesehen. Wahrscheinlich hat er sich in dieser Zeit verändert und ich wäre nicht sicher, ob er es wirklich ist.“

Mesic beantwortete dieselbe Frage so:

„Ich würde ihm sagen, nütze die Gelegenheit und verteidige deine Ehre und die Ehre der Streitkräfte vor dem Haager Tribunal.“

Mesics Haltung entspricht auch der Position der HDZ unter Ministerpräsident Ivo Sanader. Denn ohne klare Kooperation mit dem Haager Tribunal ist der EU-Beitritt Kroatiens nicht zu erreichen. Das weiß auch Jadranka Kosor. Doch sie kämpft eben um ein Wählerspektrum, in dem die Zusammenarbeit mit dem Tribunal nicht gerade populär ist. Zu schaffen machten Kosor im Wahlkampf auch die schwierige soziale Lage, die wachsende EU-Skepsis der Kroaten und Skandale, in die vor allem Außenminister Miomir Zuzul verwickelt war. Zuzul trat unmittelbar nach dem ersten Wahlgang zurück, bei dem Kosor nur 20 Prozent erreichte. Ihr Ziel ist es, in der Stichwahl nicht schlechter abzuschneiden als die HDZ bei der Parlamentswahl im Vorjahr. Damals erreichte die HDZ 34 Prozent. Für die Regierungspartei ist die Präsidentenwahl ein Stimmungstest vor Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen im März und vor den Lokalwahlen in Mai. Und für eine geschwächte Regierung wäre es noch schwieriger die schmerzlichen Reformen durchzuführen, die auf dem Weg Kroatiens in die EU unvermeidlich sind.

Facebook Facebook