Vorschau auf Parlamentswahl in Kroatien
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Das Interesse an Wahlkampfveranstaltungen ist in der Regel ein Hinweis für die Popu-larität der wahlwerbenden Partei. In Kroatien lässt sich diese Regel nur bedingt anwen-den. Die zwei Hauptkonkurrenten, die Sozialdemokraten von Ministerpräsident Ivica Racan und die konservative HDZ von Ivo Sanader, boten bei Kundgebungen alles auf was in der Pop- und Volksmusik in Kroatien Rang und Namen hat. Daher ist es fraglich, wie viele Kroaten wegen der Stars und wie viele wegen der Spitzenpolitiker zu den Kundgebungen kamen. Zum Einsatz zu Gunsten von Ministerpräsident Racan kam auch die Arnold Schwarzenegger. Er wurde beim Wahlsieg in Kalifornien gezeigt. Sein unver-wechselbares Englisch verwandelte ein Kabarettist in eine Wahlkampfempfehlung auf kroatisch mit steirischem Akzent, die folgendermaßen klang:
Weit ernsthafter war die Unterstützung europäischer Politiker. Der deutsche Kanzler Gerhard Schröder besuchte seinen Parteigenossen Ivica Racan knapp vor der Wahl. Auf Kundgebungen des HDZ-Vorsitzenden Ivo Sanader waren im Werbefilm der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zu sehen. Ihre eindeutigen Empfehlungen waren wichtig für Sanader. Er konnte damit der Aussage seiner Gegner entgegen wirken, die HDZ sei international isoliert und könne Kroatien nicht nach Europa führen. Zu seinem politischen Selbstverständnis sagt Sanader: (24)
Sanader hat die HDZ seit dem Ende der Ära Tudjman zweifellos in die Mitte und in die Familie der europäischen Volksparteien geführt. Sanader bekennt sich nicht nur zur EU, sondern auch zur Rückkehr serbischer Flüchtlinge und zur Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal. Dass dieses Bekenntnis echt ist und von der HDZ geteilt wird, bestreitet Ministerpräsident Racan, dessen Beziehung zum Tribunal allerdings auch nicht konflikt-frei war:
„Auch wir hatten Probleme mit der Anklagebehörde in Den Haag, doch wir haben diese Probleme durch Zusammenarbeit und nicht durch Konflikte gelöst, wie das ein guter Teil der Opposition in Kroatien will. Denn ein Konflikt mit Den Haag bringt Kroatien nichts Gutes, vor allem in Bezug auf den Beitritt zur EU.“
Gerade der angestrebte EU-Beitritt engt den politischen Handlungsspielraum eines jeden künftigen Regierungschefs nicht nur in dieser Frage ein. Das gilt auch für die Reformen, die noch zu bewältigen sind. Bürokratie, Grundbuch und Justiz sind zu reformieren. Die Exportwirtschaft ist zu stärken und die großen regionalen Unterschiede müssen ebenso verringert werden wie die Arbeitslosigkeit. Dabei hat die Regierung zweifellos Erfolge vorzuweisen, die Ivica Racan so beschreibt:
„Fast eine halbe Million Menschen war bei unserem Amtsantritt arbeitslos, jetzt sind es etwa 320.000. Das ist noch immer viel, doch sichtbar ist der Prozess der Verringerung der Arbeitslosigkeit und daher können wir versprechen, dass wir in der kommenden Periode die Arbeitslosigkeit unter 10 Prozent senken werden.“
Doch die Regierung hat ihre Erfolge schlecht vermarktet und auch im Wahlkampf trat die HDZ weit professioneller auf. Umfragen sagen jedenfalls ein Kopf-an-Kopf-Rennen der Mitte-Links-Koalition unter Racan und des Mitte-Rechts-Blocks unter Sanader voraus. Gekämpft wird um 140 Mandate in zehn Wahlkreisen. Hinzu kommen acht Abgeordnete der nationalen Minderheiten und bis zu 12 Mandate für die Auslandskroaten. Wie viele Sitze die Diaspora stellt, hängt vom Verhältnis der Wahlbeteiligung in Kroatien und im Ausland ab. Sollten die Mehrheitsverhältnisse extrem knapp sein, könnte der Sieger nicht bereits am Sonntag in der Nacht, sondern erst in 14 Tagen feststehen. Solange dauert es, bis die Mandate der Diaspora ermittelt sind.