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Kroatiens Weg nach Europa

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Erst im Dezember hat die Europäische Union die Aufnahme von zehn neuen Mitgliedern beschlossen. Doch an die Tür in Brüssel klopfen noch weitere Länder wie Rumänien, Bul-garien und die Türkei. Zu diesen Beitrittswerbern kommt nun auch Kroatien hinzu. In Zagreb hat die Regierung heute den Beitrittsantrag unterschrieben, der morgen in Athen der grie-chischen EU-Ratspräsidentschaft übergeben werden soll. Kroatien hofft, in vier Jahren reif für die Mitgliedschaft zu sein und damit die Folgen der Kriege im ehemaligen Jugoslawien end-gültig hinter sich lassen zu können. Doch in welchem Ausmaß hat Kroatien den Weg in Richtung EU bereits beschritten? Dieser Frage ist unser Balkankorrespondent Christian Wehrschütz nachgegangen, der den folgenden Beitrag gestaltet hat:

Zur Aufnahme in die EU hat Kroatien wie jeder andere Kandidat jene Kriterien zu erfüllen, die vor 10 Jahren beim EU-Gipfel in Kopenhagen festgelegt wurden. Dazu zählen funktio-nierende Marktwirtschaft, Achtung der Menschenrechte, Schutz der Minderheiten sowie ein stabile und rechtsstaatliche Ordnung. Daß es um die Rechtssicherheit in Kroatien jedoch nicht zum Besten steht, hat jüngst wieder ein Salzburger Hotelier erfahren müssen. Der Mann betreibt die Hotelinsel Katarina vor Rovinj und hat bereits 3,5 Millionen Euro investiert. Die Hotelanlage floriert und daher will der kroatische Partner den Salzburger offensichtlich aus dem Geschäft drängen. Dazu erwirkte der kroatische Anteilseigner bei einem Gericht in Rijeka einen Beschluß, der de facto auf den Verkauf der Hotelanlage hinausläuft. Nicht nur der Gerichtsentscheid ist fadenscheinig; auffällig ist auch, daß das Gericht für sein Urteil weniger als ein Jahr brauchte. Denn die Mühlen der Justiz malen an sich sehr langsam, wie der österreichische Handelsdelegierte in Zagreb, Peter Hasslacher betont:

„Sie müssen davon ausgehen, dass ein erstinstanzliches Urteil zirka 4, 5, 6 Jahre braucht bis dieses Urteil gesprochen wird und dann gibt es weitere Möglichkeiten das Verfahren in die Länge zu ziehen, dass heiß das Problem ist die Rechtsdurchsetzung.“

Hinzu kommen noch Mängel beim Grundbuch und Genehmigungsverfahren, die die Priva-tisierung auch im Tourismus erschweren können. Dabei braucht Kroatien im Tourismus aus-ländische Investoren; denn viele Hotels leiden noch unter den Folgen des Krieges und der Unterbringung von Flüchtlingen. Dazu sagt Peter Hasslacher:

„Österreich hat per anno Tourismuseinnahmen von 30 Milliarden Euro, Kroatien erzielt zirka Einnahmen von 3,8 Milliarden Euro, das zeigt das Potenzial das vorhanden ist. Das zeigt aber auch, dass im Land nicht genügend Geld vorhanden ist um entsprechende Strukturen aufzubauen und um entsprechende Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen. Gleichzeitig darf man nicht vergessen das der kroatische Tourismusmark einer der am stärksten wachsenden in Europa ist.“

Der Fremdenverkehr ist denn auch die Haupteinnahmequelle der kroatischen Wirtschaft, die vergangenes Jahr um vier Prozent gewachsen ist. Die Inflation ist niedrig; doch mit 470 Euro netto im Monat ist auch das Durchschnittseinkommen niedrig, während die Arbeitslosenrate über 14 Prozent liegt und auch die Unzufriedenheit steigt. Daß Kroatien trotz allem ein interessanter Markt ist, zeigt der Umstand, daß ausländische Unternehmen binnen 10 Jahren 7,6 Milliarden US-Dollar investiert haben. An der Spitze liegt dabei Österreich, das auch zu den Betreibern des EU-Beitrittes zählt. Bis es soweit ist, wird Kroatien neben allen anderen Hausaufgaben auch die umstrittene Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal und die schwierige Aussöhnung mit den ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken weitgehend bewältigt haben müssen. Die Beziehungen zu Slowenien und Bosnien sind zwar nicht problemfrei, haben sich aber verbessert. Verbessert hat die Fünf-Partei-Koalition von Ministerpräsident Ivica Racan auch das Verhältnis zu Serbien, wie der österreichische Botschafter in Zagreb, Hans Knitel, betont:

„Kroatien hat seit vielen Jahren überfällige Gesetze über die Minderheiten beschlossen. Im Verhältnis zu Serbien- Montenegro, da der beachtliche Schritt gesetzt worden ist durch das Protokoll über die Grenzziehung in Prevlaka, dann das Unterzeichnen des Freihandelsabkommens, es ist einiges geschehen.“

Racans Regierung ist drei Jahre im Amt und hat bisher alle Krisen überstanden; ob sie auch die Parlamentswahlen überstehen wird, die spätestens in einem Jahr fällig sind, ist fraglich. Denn Umfragen zeigen, daß die nationalistische HDZ, die Partei des verstorbenen Präsidenten Franjo Tudjman, wieder stärkste Kraft werden könnte. Zwar hat auch in der HDZ ein Wandel eingesetzt; doch erst die Praxis und die Zeit nach den Wahlen wird endgültig zeigen, ob auch Kroatien unumkehrbar auf einen Kurs Richtung EU eingeschwenkt ist.
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