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Lokalwahlen in Kroatien

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In Kroatien finden heute Lokal- und Regionalwahlen statt. Etwa 3,8 Millionen Kroatien sind wahlberechtigt. Die Wahlen gelten daher als Stimmungstest für die regierende Mitte-Links-Koali-tion des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Ivica Racan. Aus Belgrad Christian Wehrschütz:

Gewählt werden in Kroatien morgen die Gemeinderäte in etwa 120 Städten sowie die Regionalparlamente der 21 politischen Be-zirke, die in Kroatien Gespannschaften genannt werden. Derzeit stellt die HDZ, die Kroatisch-Demokratische Union des verstor-benen Staatsgründers und Präsidenten Franjo Tudjman noch in 69 Städten den Bürgermeister. In den Gespannschaften stellt die HDZ 16 der 21 Vorsitzende dieser Regionalparlamente. Wenn die Umfragen stimmen, wird die HDZ bei der Wahl jedoch eine klare Niederlage erleiden und nur mehr auf 10 Prozent der Stimmen kommen. Sieger in den Umfragen ist die SDP, die Sozialdemo-kratische Partei von Ministerpräsident Ivica Racan, die be-reits jetzt in der Hauptstadt Zagreb den Bürgermeister stellt. Den Sozialdemokraten werden bis zu 25 Prozent der Stimmen vor-ausgesagt. Auch in der überwiegenden Mehrheit der Gespann-schaften soll die SDP zwar die relative Mehrheit erringen, doch um den Vorsitzenden der Regionalparlamente stellen zu können, wird sie auf Koalitionspartner angewiesen sein. Die Aussagekraft der Umfragen wird jedoch dadurch gemindert, daß bis wenige Tage vor der Wahl noch jeder dritte Kroate unent-schlossen war, für welche Partei er stimmen soll. Hinzu kommt, daß die wirtschaftliche Lage in Kroatien nach wie vor sehr schwierig und die Unzufriedenheit hoch ist. So haben erst am Donnerstag zehntausend Lehrer einen landesweiten Streik be-gonnen. Die Mittelschullehrer fordern höhere Löhne von der Regieung. Auch in der Sechs-Parteien-Koalition ist die Stim-mung derzeit getrübt. Den Anlaß dazu bildete der Beschluß der IDS, der Istrischen Demokratischen Union, in Istrien italie-nisch als zweite offizielle Sprache einzuführen. Minister-präsident Racan war der IDS vor, die Souveränität Kroatiens zu gefährden und um die Stimmen der italienischen Minderheit zu buhlen, die 10 Prozent der 200.000 Einwohner dieser Region stellen. Der Justizminister suspendierte den Sprachenbeschluß und die Entscheidung darüber liegt nun beim Verfassungsge-richtshof. Hintergrund des Sprachestreits ist die Befürchtung, daß auch Serben und andere Minderheiten die Einführung ihrer Sprache als Amtssprache fordern könnten, sollte Italienisch dieser Status zuerkannt werden. Außerdem steht Racan der For-derung der Istrischen Partei nach einer umfassenden Dezen-tralisierung Kroatiens skeptisch gegenüber, eine Position, die von der Haltung des verstorbenen Präsidenten Tudjman gar nicht soweit entfernt ist. Eine Abkehr von dessen Ära hat die Regie-rung jedenfalls auch beim Wahlrecht bereits vollzogen. Bei den Lokal- und Regionalwahlen gelten ein reines Verhältniswahl-recht sowie eine Fünf-Prozent-Sperrklausel, die eine Partei überspringen muß, um in den Gemeinderat oder in das Regional-parlament einzuziehen. Außerdem sind die Auslandskroaten nicht mehr wahlberechtigt. Zur Wahl zugelassen sind weiters nur die Kandidaten, die in der Gemeinde oder im Bezirk wohnen. Diese Bestimmung wurde nicht zuletzt deshalb eingeführt, weil der ehemalige Präsident und HDZ-Vorsitzender Tudjman auf allen lokalen Wahllisten stand.
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