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Kroatien am Tag nach dem Referendum

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ZiB 24
Berichte Kroatien
In Kroatien haben gestern Zwei Drittel für den Beitritt ihres Landes zur Europäischen Union gestimmt. So unerwartet hoch die Zustimmung war, so gering war auch die Beteiligung am Referendum. Nicht ein Mal jeder Zweite Kroate ging zur Volksabstimmung. Das hat nicht nur mit EU-Skepsis, sondern mit der Krise in der EU und in Kroatien zu tun, so dass viele Kroaten ganz andere Sorgen des täglichen Lebens haben. Atempause hat die neue Mitte-Links-Regierung jedenfalls mit dem JA zur EU nicht gewonnen, bestenfalls ein Pflichtsieg wurde erringen, denn noch immer Jänner muss ein Sparbudget für das heurige Jahr verabschiedet werden.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Zagreb

Insert1: Vesna Pusic, Außenministerin Kroatiens

Gesamtlänge: 1’50

Mit Sekt stieß gestern Abend die kroatische Staatsführung auf das mehrheitliche Ja zur EU an. Der Empfang im Parlament dauerte nur kurz, doch den Kroaten selbst war offenbar gar nicht zum Feiern zu Mute; von Jubel war keine Spur, das Zentrum von Agram war verwaist. Trotzdem war in den Zeitungen die EU natürlich der Aufmacher; vom wichtigsten Ja seit dem Unabhängigkeitsreferendum vor 20 Jahren war die Rede. Außenministerin Vesna Pusic sieht in der EU trotz ihrer Krise einen Stabilitätsanker für Kroatien:

„Für mich bedeutet das die Erfüllung der Verpflichtung meiner Generation gegenüber unserem Land. Das ist das, was wir unseren Nachfahren hinterlassen können, eine – soweit das in der Politik möglich ist - Dauerhaftigkeit politischer Institutionen, die Kroatien in den vergangenen 150 Jahren niemals gehabt hat.“

Für die EU stimmten gestern im Norden Kroatiens sogar bis zu 75 Prozent; am niedrigsten war die Zustimmung in der Region um Dubrovnik mit unter 60 Prozent. Doch nur 43 Prozent der Kroaten nahmen teil, und dafür haben EU-Befürworter wie Gegner ähnliche Erklärungen:

„Ich denke, dass es den Menschen ziemlich egal ist, die Mehrheit sieht keine Perspektive, und ihnen ist alles gleich. Und außerdem haben sie angenommen, dass wir eh beitreten werden.“

„Die Jungen haben keine Arbeit, doch auch für uns, die am Ende des Arbeitslebens stehen, schaut es nicht gut aus. Die Menschen haben Angst. Sie wissen, dass die EU unsere Probleme nicht lösen wird, dass wir das selbst tun müssen, ich frage mich, warum das unsere Leute nicht auch ohne EU tun.“

Die neue Mitte-Links-Regierung unter Zoran Milanovic hat somit gestern bestenfalls einen Etappensieg errungen. Der Kampf gegen die triste soziale Lage wird weit schwerer zu gewinnen sein als die Mehrheit für die EU.

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