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Bescheidene Kampagne vor dem Referendum über die EU

Fernsehen
ZiB2
Berichte Kroatien


Am Sonntag stimmen mehr als 4 Millionen Kroaten über den Beitritt ihres Landes zur Europäischen Union ab. Meinungsumfragen sagen eine Mehrheit von 55 Prozent für den Beitritt voraus. Für die EU sind praktisch alle relevanten politischen Parteien. Trotzdem herrscht unter der Bevölkerung große EU-Skepsis. Dazu beigetragen haben die Krise in der EU aber auch die tiefe soziale und wirtschaftliche Krise in Kroatien selbst, die im Dezember auch zum Machtwechsel bei der Parlamentswahl führte. Für die neue Mitte-Links-Regierung ist das Referendum am Sonntag somit auch die erste große Bewährungsprobe.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Zagreb

Insert1: 0’58: Vesna Pusic, kroatische Außenministerin

Insert2: 1’29 Vesna Pusic, kroatische Außenministerin

Aufsager: Christian Wehrschütz aus Zagreb

Gesamtlänge: 2’30

Die Kampagne für die EU-Volksabstimmung macht in Kroatien einen äußerst bescheidenen Eindruck. Plakate gibt es überhaupt nicht, und bekannte Sportler werben nur in TV-Spots für den EU-Beitritt, während dieses Plakat eine Firma bewirbt. Ein Grund für die bescheidene Kampagne sind Parlamentswahl und Machtwechsel im Dezember, beides erschwerte die Vorbereitungen. Außerdem sind Regierung und Opposition unisono für die EU; relevante politische Gegner des Beitritts gibt es nicht, obwohl nach Umfragen beim Referendum um die 40 Prozent mit Nein stimmen dürften. Den Zorn mancher Gegner bekam die neue, liberale Außenministerin Vesna Pusic bei einer Veranstaltung in Rijeka zu spüren:

„Jetzt führen Sie uns in die Währungs- und Fiskalunion, und den jungen Menschen haben Sie die Zukunft zerstört. Die EU das ist der Kerker und der Schmelztiegel für das kroatische Volk. Schämen Sie sich.“

Vesna Pusic reagierte gelassen:

„Dieser Ausfall zeigt, dass es nicht nur um die Art geht, sondern auch um das Zurückweisen jedweder Information. Alles was bei dieser Schreierei vorgebracht wurde, ist zu 100 Prozent unrichtig.“

Schließlich geht es um den EU-Beitritt und nicht um die Euro-Zone. Die Außenministerin sieht im Beitritt massive finanzielle Vorteile für das krisengeschüttelte Kroatien; doch für Pusic ist die EU nach den vielen Kriegen auf dem Balkan auch ein Friedensanker:

„Als meine Tochter 1985 geboren wurde wäre es mir nicht im Traum eingefallen, dass sie durch einen Krieg gehen muss. Doch sie ist die fünfte Generation, die zwar in derselben Stadt geboren wurde wie ihre Vorfahren, die aber niemals im selben Staat geboren wie gestorben sind. Das spricht für das Niveau der politischen Instabilität; doch ohne Stabilität gibt es keine Menschenrechte, keine Arbeitsplätze und auch keine Wirtschaft.“

Der Beitritt zur EU bedeutet für viele Kroaten aber auch eine Rückkehr nach Europa und die endgültige Abkehr von Jugoslawien; und das ist ein Argument, das trotz der EU-Krise am Sonntag seine Wirkung nicht verfehlen dürfte.

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