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Kroatien in der Krise vor der EU und im Wahlkampf

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Berichte Kroatien


Am 4. Dezember wird in Kroatien das Parlament neu gewählt. Mehr als 300 Listen und Kandidaten treten an, doch entscheidend ist der Kampf zwischen zwei Gruppen, der regierenden HDZ und einer Mitte-Links-Koalition unter Führung der Sozialdemokraten. Nach allen Umfragen muss die konservative Ministerpräsidentin Jadranka Kosor mit einer schweren Niederlage rechnen, obwohl Kosor die EU-Beitrittsverhandlungen im Sommer abgeschlossen hat. Doch die tiefe Wirtschaftskrise und massive Korruptionsvorwürfe gegen die HDZ überdecken den Erfolg.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Kroatien

Insert1: 0’32 Vlada, Arbeitsloser in Zagreb

Insert2: 1’30 Zarko Puhovski, Philosoph

Insert3: 1’58 Roman Rauch, österreichischer Handelsdelegierter

Gesamtlänge: 2’31

Am 9. Dezember wird Ministerpräsidentin Jadranka Kosor in Brüssel den Beitrittsvertrag Kroatiens zur EU unterschreiben. Zu diesem Zeitpunkt dürften Kosor und ihre Partei HDZ bereits abgewählt sein. Denn auch Kroatien steckt in einer tiefen Krise. Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung sind hoch und in auch Agram merkt man die Armut; betroffen davon ist der 54-jährige Vlada; er sammelt Pfandflaschen und sucht nach Schuhen oder Kleidung, die er am Flohmarkt verkauft:

„Vom Arbeitsamt bekomme ich 160 Euro im Monate aber nur bis zum kommenden Februar, und dann nichts mehr. Arbeitslos wurde ich Ende Dezember 2010. Gearbeitet habe ich bei einer Baufirma als Wächter auf der Baustelle in der Nacht.“

Wählen wird Vlada nicht, weil er alle Politiker für korrupt hält. Dabei zeigt auch der Prozess gegen den früheren Ministerpräsidenten Ivo Sanader, dass Kroatien im Kampf gegen die Korruption Fortschritte gemacht hat. Doch der Prozess erinnert die Kroaten immer wieder an die Sünden der regierenden HDZ und das ist für Jadranka Kosor die zweite große Bürde. So kämpft sie eigentlich nur darum, die Niederlage in Grenzen zu halten. Dagegen kann der Sozialdemokrat Zoran Milanovic mit der absoluten Mehrheit rechnen. Der 45-jährige Oppositionspolitiker führt eine Vier-Parteien-Koalition, die bisher klare Aussagen zu schmerzlichen Reformen vermieden hat.

„Milanovics Vorteil liegt darin, dass es keine Versuchung gab, dann bleibt man unschuldig und anständig, weil man ja auch gar nicht in der Lage war, unanständig zu sein. Und so legitimieren sich Milanovic und Co. durch ihren Anstand und nicht durch ihre Fähigkeit.“

Doch Kompetenz wird die Koalition rasch zeigen müssen. Im Februar soll das Referendum über den EU-Beitritt stattfinden und gleichzeitig muss die neue Regierung Krisenfeuerwehr spielen:

„Erste Maßnahme der Regierung: unbedingt Vertrauen der internationalen Kapitalmärkte sicherstellen durch entsprechende wirtschaftspolitische Maßnahmen; ganz starke Reform des Staatssektors, staatliche Wirtschaft, Pensionssystem, Gesundheitssystem, das sind fast 90 Prozent aller Ausgaben.“

Zoran Milanovic bezeichnete einen Gang zum Internationalen Währungsfonds als Kapitulation; er könnte der einzige Weg werden, um eine weitere Herabstufung durch Ratingagenturen zu verhindern, die Kredite für Kroatien kaum mehr erschwinglich werden ließe.

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