Kroatische Justiz geht gegen Ivo Sanader vor

In Kroatien geht die Justiz nun gegen den früheren Ministerpräsidenten Ivo Sanader vor. So hat die Staatsanwaltschaft die Aufhebung seiner Immunität als Abgeordneter verlangt. Diese Aufhebung hat das Parlament heute beschlossen. Es ist das erste Mal, dass in Kroatien die Justiz gegen einen früheren Regierungschef vorgeht. Fast zeitgleich mit dem Antrag auf Aufhebung der Immunität hat Sanader heute aber Kroatien verlassen, doch hat Sanader dementiert, geflohen zu sein. Er sei auf Geschäftsreise und werde selbstverständlich nach Kroatien zurückkehren, teilte Sanader per SMS mit.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Kroatien

Insert: Zorislav Petrovic, Transparency International Kroatien

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Fünf Jahre dominierte Ivo Sanader die kroatische Innenpolitik. Ende 2007 schaffte er aber nur knapp die Wiederwahl – dank einer inferioren Opposition, die Korruptionsvorwürfe nicht zu nutzen wusste. So hatte das Wochenmagazin „Nacional“ aufgedeckt, dass Sanader etwa 15 Armbanduhren im Gesamtwert von mindestens 150.000 Euro besitzt. Woher das Geld dafür stammte, enthüllte Sanader nicht; als Regierungschef verdiente er 3.000 Euro pro Monat. Die Affäre blieb ohne Folgen, und folgenlos blieben Forderungen der EU, mit dem Kampf gegen die Korruption endlich ernst zu machen. Im Juli des Vorjahres trat Sanader überraschend zurück; und plötzlich wurden immer mehr Korruptionsfälle bekannt:

„Das Aufbrechen der vielen Skandale ist vor allem ein Ergebnis der Neuordnung der Kräfteverhältnisse in der Partei HDZ, die mit Sanaders Abgang wesentlich erschüttert wurde. Noch immer kämpfen verschiede Fraktionen um ihren Anteil am Kuchen; das ist vor allem der Grund, warum es sogar Prozesse gegen ehemalige Inhaber hoher staatlicher Ämter gibt.

So wurde der ehemalige Verteidigungsminister Berislav Roncevic jüngst in erster Instanz zu vier Jahren Haft verurteilt. Er soll den Staat um eine Million Euro geschädigt haben, weil bei der Beschaffung von LKWs nicht der Bestbieter zum Zug kam. Immer enger wird es für Sanader selbst. Er spricht von einer politischen Kampagne und bestreitet alle Vorwürfe. Doch der frühere Chef des kroatischen Zolls sagte aus, er habe Sanader in den letzten dreieinhalb Jahren seiner Amtszeit etwa vier Millionen Euro in seine Wohnung gebracht. Geld soll auch über eine Werbefirma geflossen sein, der via Sanader lukrative Aufträge bei Staatsfirmen zugeschanzt wurden. All diese Aussagen führten nun zur Aufhebung von Sanaders Immunität als Abgeordneter. Die Staatsanwaltschaft legt ihm Amtsmissbrauch zur Last und beantragte Haftbefehl. Doch nur wenige Stunden zuvor verließ Sanader Kroatien. Vom Flughafen Laibach soll er nach London geflogen sein, doch eine Bestätigung dafür gibt es nicht.