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Kroatische Umwelt- und Fischereigürtel ab ersten Jänner in Kraft

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Berichte Kroatien
Mit 1. Jänner hat Kroatien in der Adria seine umstrittene Fischerei- und Umweltschutzzone in Kraft gesetzt. Kroatien hat damit seine Hoheitsrechte über die Territorialgewässer hinaus auf eine Zone in der Adria ausgedehnt, die etwa 25.000 Quadratkilometer umfasst. Von dieser Maßnahme direkt berührt sind die Interessen Sloweniens und Italiens. Slowenien lehnt diese Zone ab, weil die Seegrenze mit Kroatien umstritten ist. Italienische Interessen werden berührt, weil italienische Fischer bisher in dieser Flotte gefischt haben, ohne kroatischen Gesetzen unterworfen zu sein. Die Ausrufung dieser Zone könnte somit die Beitrittsverhandlungen Kroatiens mit der EU weiter erschweren; über die Bedeutung der Fischerei- und Umweltzone und ihre politischen Folgen berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Die ersten unmittelbaren Folgen der kroatischen Fischerei- und Umweltzone in der Adria haben italienische Fischer bereits zu spüren bekommen. So brachte die kroatische Marine gestern ein italienisches Fischerboot auf, das die neue Zone nicht berücksichtigt hat. Ein kroatisches Gericht beschlagnahmte die Netze, verhängte Geldstrafen über die drei Italiener und ein auf ein Jahr befristetes Aufenthaltsverbot. Den 3.700 kroatischen Fischern ist die Konkurrenz aus Italien seit Jahren ein Dorn im Auge; ihre Schiffe sind viel moderner und ihre Flotten viel größer:

"Die Bedeutung der Fischereizone liegt vor allem darin, dass sie eine absurde Situation beseitigt. Wenn die kroatischen Fischer in dieser Zone fischen, unterliegen sie dem kroatischen Fischereigesetz und der Überwachung dieses Gesetzes durch die Behörden. Gleichzeitig fischt in dieser Zone die enorme italienische Flotte, die überhaupt keiner Kontrolle unterliegt; in der Praxis heißt das, dass die Italiener viel mehr fischen und viel weniger Quoten haben; außerdem haben sie weit stärkere Motoren als das unser Gesetz vorschreibt. Das Ergebnis ist der katastrophale Zustand des Fischbestandes in dieser Zone. Diese Situation der doppelten Standards wollen wir nicht länger hinnehmen."

… erläutert Tonci Bozanic, Vertreter der Fischer bei der kroatischen Handelskammer. Zum Fischbestand in der Adria sagt Bozanic:

"Kroatien ist es gelungen, seinen Bestand zu wahren. In den Territorialgewässern, das sind jene Gewässer, die bis zu 12 Seemeilen von den Küsten der Inseln entfernt sind, sollen sich mehr als 50 Prozent des gesamten Fischbestandes der Adria befinden. In unserem ökologischen Fischereigürtel, in dem auch die italienische Flotte mehrheitlich fischt, sind nur 18 Prozent des gesamten Bestandes, während auf die italienischen Adria-Gewässern nur 24 Prozent des Fischbestandes entfallen.“

Somit ist klar, dass die Ausdehnung der kroatischen Hoheitsrechte auf diese Fischereizone direkt italienische Wirtschaftsinteressen berührt. Im Falle Sloweniens liegt die Sachlage anders; Slowenien hat praktisch keine Flotte, dafür ist die Seegrenze mit Kroatien umstritten. Daher lehnt Slowenien die Ausdehnung der kroatischen Hoheitsrechte strikt ab, während Kroatien sich auf EU-Standards beruft; Tonci Bozanic:

"Wir sind einer der letzen Staaten auf der Welt, der eine ökologische Zone und Fischereischutzzone anwenden will. Von allen Staaten der EU haben nur sechs keine derartige Zone und damit ihre Hoheitsrechte über einen Teil des offenen Meeres proklamiert; von diesen sechs haben fünf Staaten kein Meer, und der sechste ist Griechenland. Und Griechenland hat das nicht getan, wegen der Probleme mit Zypern und der Türkei. Daher wollen wir uns nur verhalten, und all das nutzen, was Europa selbst geschaffen hat. Daher ist es für uns sehr verwunderlich, warum Brüssel etwas verbieten will, was praktisch alle Staaten der EU mit Ausnahme Griechenlands tun."

Brüssel hat Kroatien jedenfalls eindringlich vor den negativen Folgen gewarnt, die die Ausrufung dieser Zone auf die Beitrittsverhandlungen haben könne. Die EU, Italien und Slowenien berufen sich auch auf eine angebliche Zusage Kroatiens aus dem Jahre 2004, diese Zone nicht auf EU-Staaten anwenden zu wollen. Doch der alte und voraussichtlich auch neue Ministerpräsident Ivo Sanader hat kaum Alternativen. Seine künftigen Koalitionspartner und die kroatische Öffentlichkeit sind strikt gegen weitere Zugeständnisse. Sanader will jedenfalls mit der EU, Slowenien und Italien wieder verhandeln, sobald sein Kabinett Mitte Jänner steht; Auswirkungen auf die EU-Gespräche dürften trotzdem nicht ausbleiben.

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