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Interview mit Ministerpräsident Ivo Sanader

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Berichte Kroatien
Ministerpräsident Ivo Sanader hofft, dass die Europäische Union im Herbst grünes Licht für die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien geben wird. Der Beginn der Gespräche ist im März an Ante Gotina, dem letzten noch flüchtigen mutmaßlichen kroatischen Kriegsverbrecher, gescheitert. Das Haager Tribunal war der Regierung in Zagreb vor, nicht alles zu tun, um Gotovina zu finden, und daher verschob Brüssel die Verhandlungen. Kroatien gibt an, nicht zu wissen wo Gotovina ist; trotzdem beschloss die Regierung im April einen Aktionsplan, der zur Aufspürung des Flüchtigen führen und auch alle möglichen Netzwerke beseitigen soll, die Gotovina von Kroatien aus noch unterstützen könnten. Bei einem Vortrag in Salzburg beteuerte Sanader, die Regierung tue alles, um den Fall zu lösen. Außerdem betonte er die Bedeutung der Aufnahme von Kroatien und andere Staaten des ehemaligen Jugoslawien in die EU für die Stabilität des gesamten Balkan.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Salzburg

Insert: Ivo Sanader Ministerpräsident Kroatiens

Insert: Christian Wehrschütz

Gesamtlänge: 6’38

Im Festsaal der Salzburger Residenz stieß Ministerpräsident Ivo Sanader bei seinem Werben um einen raschen Gesprächsbeginn zwischen der EU und Kroatien auf große Zustimmung. Österreich ist größter Investor in Kroatien und befürwortet auch daher die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen noch im Herbst. Die Bedeutung Kroatiens für die EU beschreibt Sanader so:

„Natürlich spielt Kroatien eine Brückenrolle, sind wir, wenn Sie so wollen, auch ein Modell, ein Vorzeigemodell für unsere Nachbarn. Die werden sich denken und denken sich, wenn Kroatien, das so viele Reformen durchgemacht hat, schon einen Kandidatenstatus hat und bald Verhandlungen beginnt, dann lohnt es sich Reformen anzugehen, sie durchzubringen im Parlament und auch in der Gesellschaft und diese dann auch im alltäglichen Leben umzusetzen. Kroatien ist ein Modell aber wir brauchen, damit auch unsere Nachbarn sehen, es lohnt sich, wir brauchen sehr bald den Verhandlungsbeginn, denn sonst wird das zu lange dauern, und es besteht die Gefahr, dass, die Popularität und die Unterstützung der kroatischen Bürger für Europa weiter fällt. Es ist schon jetzt unter 50 Prozent, doch ich bin sicher, dass am Tag, an dem wir die Verhandlungen beginnen, die Umfragen zeigen werden, dass die Unterstützungswerte viel größer sind.“

„Wie wichtig ist es für die weitere Stabilisierung des Westbalkan, dass die EU auf Erweiterungskurs bleibt?“

„Die Bedeutung ist so groß, weil die Perspektive auf eine volle Mitgliedschaft in der Europäischen Union für alle Länder, nicht nur für Sudosteuropa, sondern auch für die zehn, die voriges Jahr dazu gekommen sind in die EU, hat es sich gezeigt, dass die EU-Mitgliedschaft als ein Motor, als eine Motivation dient, die nötigen Reformen durchzuführen.“

„Entscheidender Hemmschuh auf dem Weg für die Beitrittsverhandlungen ist bisher der Fall Ante Gotovina. Sie haben im April einen Aktionsplan verkündet, der also zur Klärung führen soll, wo Ante Gotovina ist. Wie weit ist dieser Aktionsplan bereits gediehen, und inwieweit hat er auch dazu geführt, dass das Haager Tribunal Kroatien positiver bewertet?“

„Dieser Aktionsplan ist im April vorgelegt worden, der Task Force der Europäischen Union, in der Task Force ist auch die österreichische Außenministerin Mitglied und ich glaube, dass der Plan ein gutes Echo gefunden hat, dass er dazu geführt hat, dass Frau Karla Del Ponte schon im Juni positiv berichtet hat in der UNO , und ich glaube, dass die Implementierung des Aktionsplans dazu führen wird, dass die EU dann letztendlich jetzt im Herbst entscheidet, dass mit Kroatien Verhandlungen aufgenommen werden.“

„Wann ist eigentlich die nächste Stellungnahme von Karla Del Ponte zu erwarten, die ja auch eine Schlüsselrolle spielt?“

„Ich glaube im September“

Doch ob Karla Del Ponte, die Chefanklägerin des Haager Tribunals, auch grünes Licht gibt, sollte Ante Gotovina bis Herbst nicht gefunden werden ist offen. Der General ist seit mehreren Jahren flüchtig und die Regierung beteuert, er sei nicht in Kroatien. Gotovina werden Verbrechen bei der Rückeroberung der Kraijna vorgeworfen, die sich in zwei Tagen zum zehnten Mal jährt. Für viele Kroaten ist der General daher ein Held. So wie Gotovina die Kroaten spaltet, trennt die Rückeroberung der Krajina noch heute Kroatien und Serbien. Für die Kroaten bedeutet der Sieg über die Serben die Wiederherstellung der staatlichen Einheit, die Serben beklagen die Vertreibung von 250.000 Landsleuten aus Kroatien. Zwar sind die meisten Flüchtlinge wieder zurückgekehrt, trotzdem verglich der serbische Präsident Boris Tadic die Militäraktion jüngst gar mit dem Massaker im bosnischen Srebrenica. Diesen Vergleich weist Ivo Sanader zurück:

„A, denke ich, dass man über die Tragödie von Srebrenica auf solche Art und Weise nicht reden darf. Man muss dieses Genozid, das die Serben begangen haben, zugeben und um Verzeihung bitten. B, Serbien war Aggressor in Kroatien, hat Kroatien besetzt. Kroatien hat in einer Operation wie „Oluja“ diese besetzten Gebiete befreit, das war auch unser gutes Recht, das würde auch jedes andere Land auf dieser Welt tun; und das darf man nicht vergleichen. Also diese Aussage von Tadic erinnert mich ein bisschen an die Politik von Slobodan Milosevic, der auf Grund der großserbischen Politik Kroatien okkupiert hat, und 70 Prozent von Bosnien-Herzegowina und ein Viertel von Kroatien.“

Trotzdem setzt Ivo Sanader weiter auf Aussöhnung mit Serbien:

„Die Zusammenarbeit und die Normalisierung der Beziehungen zwischen Kroatien und Serbien ist von enormer Bedeutung nicht nur für die zwei Länder, sondern auch für die gesamte Region von Südosteuropa. Ich glaube dass diese Normalisierung gut vorangeht. Ich war voriges Jahr zum ersten offiziellen Besuch eines kroatischen Ministerpräsidenten in Belgrad; es wird auch zu einem Gegenbesuch von Ministerpräsident Kostunica kommen, und da werden wir auch genug Zeit haben, um zu diskutieren, wie es weiter geht, auf jeden die Normalisierung geht weiter.“

Das ist auch eine der Voraussetzungen für den EU-Beitritt Kroatiens, aber bei weitem nicht die einzige. Denn neben der Justizreform hat Kroatien auch noch andere Hausaufgaben zu erledigen

„Bürokratie, schneller effizienter, Service für die Bürger, kein Selbstzweck, und was wir noch brauchen sind weitere Arbeitsplätze, also ausländische Investitionen, vor allem Greenfield-Investitionen.“

„Wie sieht denn der Zeitplan aus, sollte die EU im Herbst tatsächlich Verhandlungen aufnehmen?“

„Ich bin sicher, dass wir in zweieinhalb Jahren, das heißt, bis Ende 2007, die Verhandlungen abschließen können und an der Europawahl im Juni 2009 als volles Mitglied teilnehmen können.“

„Herr Ministerpräsident Sanader, wir danken für das Gespräch.“

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