Kosovo: Der Fluch der bösen Tat
Fast 25 Jahre nach dem Ende des NATO-Krieges um den Kosovo und fast 15 Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung des albanisch dominierten Kosovo von Serbien, ist dieser Staat weder befriedet noch sind die Beziehungen zwischen Belgrad und Pristina normalisiert. 2013 wurde die sogenannte Brüsseler Vereinbarung von den Führungen in Belgrad und Pristina unterzeichnet; nach anfänglicher Dynamik gerieten die Verhandlungen über eine Normalisierung der Beziehungen ins Stocken. Vor wenigen Monaten verkündete dann Jose Borrell in Ohrid einen „Deal“, obwohl Serbiens Präsident Alexander Vucic die Unterschrift verweigerte; seit Pfingsten müsste auch Borrell mit oder ohne „Heiligem Geist“ klar sein, dass es keinen „Deal“ gab und gibt.
Die Verantwortung für das Scheitern der Stabilisierung dieses Teils des Balkan tragen beileibe nicht nur die Führung Serbiens und des Kosovo oder der russische Gottseibeiuns Vladimir Putin, sondern wir so oft in den vergangenen hundert Jahren in dieser Region insbesondere die Westmächte; und zwar im konkreten Fall des Konflikts zwischen Serben und Albanern um den Kosovo seit dem Jahre 1999. Nach dem Sieg der NATO im Kosovo-Krieg machte der Westen – gerade auch in einer Phase russischer Schwäche – den „Sack“ nicht zu, sondern gewährte dem serbischen Autokraten Slobodan Milosevic mit der Vereinbarung von Kumanovo und der UNO-Resolution 1244 den Schein, die territoriale Integrität Restjugoslawiens/Serbiens gewahrt zu haben. Die NATO proklamierte nicht einmal ihren Sieg, doch Territorien gehen nach Siegen und nicht durch „humanitäre Interventionen“ verloren, wie der NATO-Krieg offiziell hieß.
Der nächste Akt der „bösen Tat“ spielte sich im Jahre 2008 ab als der Kosovo nach jahrelangen, ergebnislosen Verhandlungen mit Serbien und dem russischen Njet in der UNO seine Unabhängigkeit erklärte; obwohl diese Erklärung weder überstürzt noch überraschend kam, erkannten fünf EU-Staaten diese Unabhängigkeit damals nicht an, und dabei blieb es bis heute. Belgrad müsste somit „päpstlicher sein als der Papst“, doch für diesen Schritt fehlt jedes „Zuckerbrot“ angesichts Erweiterungsmüdigkeit der EU. Doch dabei blieb es nicht; als vor einigen Jahren Präsident Alexander Vucic und der damalige kosovarische Präsident Hashim Thaci einen Gebietstausch zwischen dem Nordkosovo und den Albaner-Gebieten in Südserbien ins Gespräch brachten, waren die USA nicht abgeneigt, doch insbesondere Deutschland war streikt dagegen. Somit scheiterte der erste Versuch einer territorialen Lösung aus der Region am Widerstand zumindestens eines führenden EU-Staates. Seit damals hält der Westen bei wiederkehrenden Unruhen im Nordkosovo den „KFOR-Deckel“ drauf, doch eine Perspektive für eine dauerhafte Lösung fehlt, das Eskalationspotential bleibt und Schillers Worte gelten leider bis heute.