Kosovo nach dem Erdrutschsieg
Bei der Parlamentswahl im Kosovo hat gestern die Partei von Albin Kurti einen Erdrutschsieg errungen. Im Parlament im Kosovo hat sie nun mehr Mandate als alle drei traditionellen Albaner-Parteien zusammen; das zeigen übereinstimmend alle Nachwahlbefragungen; ein vorläufiges Endergebnis liegt im Kosovo noch nicht vor: um die Stimmen der 1,8 Millionen Wahlberechtigten und um die 120 Mandate warben 28 Parteien; die Wahlbeteiligung lag bei 47 Prozent und war damit etwas höher als bei der vergangenen Wahl.
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus dem Kosovo
Insert1: Albin Kurti, Wahlsieger im Kosovo
Insert2: Albin Kurti, Wahlsieger im Kosovo
Insert3: Enver Hasani, ehemaliger Präsident des Verfassungsgerichtshofes
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Jubelnd zogen gestern die Anhänger von Albin Kurti durch die Straßen von Pristina; seine Partei Vetvendosje konnte ihre Sitze im Parlament von bisher 29 auf mehr als 50 fast verdoppeln. An den Feiern nahm Kurti wegen der Corona-Pandemie nicht teil. Bei einer Pressekonferenz gab es sich staatstragend:
„Ich danke allen politischen Gegnern für den fairen Wettbewerb und wünsche ihnen eine erfolgreiche Reform; unser Staat braucht eine fähige Opposition, die den Staat kontrolliert.“
Die Wähler haben Kurti einen klaren Auftrag erteilt; eine Regierung kann er auch nur mit den Parteien der nationalen Minderheiten bilden, die 20 der 120 Abgeordneten stellen. Doch der Kosovo hat derzeit mit Vjosa Osmani nur eine amtsführende Präsidentin; ob sie den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen kann ist höchst umstritten. Kurtis Fahrplan sieht jedenfalls so aus:
Albin Kurti Interview 4'41 - Kurti zu Quorum - 5'52
"Wir haben eine gemeinsame Liste mit der amtsführenden Präsidentin, Voja Osmani, Nach der Wahl wird sie mir den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen und ich werde im Parlament eine Mehrheit von 61 Sitzen erreichen. Doch bis 5. Mai müssen wir einen neuen Präsidenten wählen, der der amtierende sein sollte. Dazu brauchen wir ein Präsenzquorum von 80 Abgeordneten. Das wird nicht leicht, ist aber machbar. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jene Parteien, die die Wahlen verlieren, neuerlich wählen wollen, um sogar mehr zu verlieren."
Das ein amtsführender Präsident des Auftrag zur Regierungsbildung erteilt, sei rechtlich nicht möglich, betont der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Enver Hasani, unter Berufung auf eine Grundsetzentscheidung dieses Gerichtshofes:
„Wir haben festgelegt, dass der amtsführende Präsident Tagesgeschäfte erledigen kann. Aber er kann weder Begnadigungen aussprechen und Botschafter oder Richter ernennen. Mit anderen Worten, die Ernennung des neuen Regierungschefs hat nichts mit der täglichen Arbeit zu tun, sondern damit ist eine verfassungsrechtliche Frage der Legitimierung von Organen wie nach der gestrigen Wahl verbunden. Nach der Rangfolge der Verfassungsorgane im Kosovo steht an erster Stelle das Parlament, dann kommt der Präsident und dann die Regierung.
Für die Wahl eines neuen Präsidenten im Parlament braucht Kurti eine Albaner Partei. Die Zeit drängt, weil das Mandat der amtsführenden Präsidentin am 5. Mai endet, ein neuer Präsident aber bereits bis Anfang April gewählt werden müsste. Dem Kosovo stehen spannende politische Wochen bevor.