Interview mit dem Außenminister des Kosovo Enver Hoxhaj
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Enver Hoxaj: Die Lokalwahlen am Sonntag sind für uns historische Wahlen. Erstens: mit den Wahlen werden die Serben im Norden völlig in das öffentliche Leben des Kosovo als Staat integriert, weil die Wahlen auf der Basis unserer Gesetze organisiert werden. Zweitens: die Wahlen sind wichtig, um Abkommen umzusetzen, das wir mit Belgrad im April erreicht haben. Brüssel muss sich aber klar sein, dass wir praktisch nur am Beginn der Normalisierung der Beziehung stehen und nicht am Ende. Trotzdem: im Vergleich zur Lage vor zwei Jahren haben wir in den letzten zehn Monaten ganz große Fortschritte gemacht.
CW: Integration setzt Sprachkenntnis voraus; die Kosovo-Serben lernen kein Albanisch, die Albaner kein Serbisch. Wie soll da Integration funktionieren?
EH: Es wäre im Interesse des Kosovo, dass Albaner Serbisch können und Serben Albanisch sprechen. In den letzten zwei, drei Jahrzehnten hatten wir viele Konflikten; deswegen gingen die Sprachkenntnisse zu Grunde. Aber wir sind sehr dafür, dass an Schulen und Universitäten diese Sprachen gelehrt werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich in den nächsten Jahren auch diesbezüglich eine Art Paradigmenwechsel ergeben kann.
CW: Serbien ist weiter nicht bereit, die Unabhängigkeit des Kosovo anzuerkennen. Wie sehr erschwert diese Haltung eine völlige Normalisierung?
EH: Wir wollen nicht nur normale Beziehung mit Serbien aufbauen, sondern auch einen Prozess der Versöhnung beginnen. Gleichzeitig kann es ohne gegenseitige Anerkennung von Kosovo und Serbien keine völlige Normalisierung geben. Ich bin unglaublich frustriert wie Serbien in den letzten Monaten weiter eine Kampagne gegen die Anerkennung führt und Kosovos Mitgliedschaft in verschiedenen Organisationen blockiert. Ich habe Belgrad klar gesagt: Es kann keine Normalisierung nur im Dreieck zwischen Belgrad, Brüssel und Pristina geben. Eines unserer Ziele wird in den nächsten Jahren die Mitgliedschaft im Europarat sein. Wir werden die Normalisierung daran messen wie Serbien reagieren wird.
CW: Kosovo verhandelt jetzt mit der EU über Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen. Doch fünf EU-Mitglieder haben den Kosovo noch immer nicht anerkannt …
EH: Der Verhandlungsbeginn war für uns ein historischer Tag. Der Kosovo ist im Sinne von Geschichte und Geographie ein europäisches Land, daher ist das für uns jetzt eine Rückkehr nach Europa. Die Nicht-Anerkennung durch fünf EU-Staaten ist für uns ein Hindernis. Ich schließe nicht aus, dass wir in den nächsten Monaten gute Nachrichten haben, dass von fünf Staaten zwei oder drei den Kosovo anerkennen.
CW: Herr Außenminister, wir danken für das Gespräch.