Der Ministerpräsident des Kosovo, Ramush Haradinaj, ist offiziell vom Haager Tribunal wegen Kriegsverbrechen angeklagt worden. Haradinaj soll für Verbrechen an serbischen Zivilisten während des Kosovo-Krieges vor fünf Jahren verantwortlich sein. Haradinaj trat sofort nach Veröffentlichung der bereits lange erwarteten Anklage als Ministerpräsident zurück. Bis zur Wahl eines neues Regierungschefs wird Haradinajs Stellevertreter Adem Saljihaj das Kabinett in Prishtina führen. Haradinaj wird bereits heute nach Den Haag kommen, um sich dem Tribunal zu stellen. Er bezeichnete die Anklage als ungerecht. Sie basiere auf unwahren serbischen Angaben und diene dazu, die Bereitschaft Serbiens zur Kooperation mit dem Tribunal zu erhöhen, sagte Haradinaj. Er verurteilte auch das Haager Tribunal, das Freiheitskämpfer gleich behandle wie Aggressoren. Haradinajs Bruder ist bereits im Kosovo wegen Kriegsverbrechen verurteilt worden Haradinaj hat im Kosovo-Krieg zwei Brüder verloren und ist für die meisten Albaner als ehemaliger Freischärler ein Volksheld. In den wenigen Monaten als Ministerpräsident bemühte sich Haradinaj um Reformen und versuchte, den Serben die Hand zu reichen. Dieser Versuch blieb erfolglos, weil Serbien jede Zusammenarbeit ablehnte. Belgrad hat auf die Anklage besonnen reagiert. Die UNO-Verwaltung und die EU haben Haradinajs Entschluss begrüßt, sich zu stellen. Politisch besteht zur Zufriedenheit kein Anlass. Die Anklage des Tribunals wird die Verhandlungen über den endgültigen Status des Kosovo massiv belasten, die Mitte des Jahres beginnen sollen.. Denn nun werden die Albaner noch stärker auf der Unabhängigkeit beharren. Außerdem fehlt den Albanern nun eine starke politische Persönlichkeit, die weitreichendere Zugeständnisse machen könnte Im Kosovo blieb es bisher trotz der Anklage ruhig. Dazu beigetragen hat die Friedenstruppe KFOR, die ihre Truppen massiv verstärkt hat. Sie hat aus dem Versagen des Vorjahres gelernt als es Mitte März zu massiven Auschreitungen gegen die serbische Minderheit kam. Doch diese starke KFOR-Präsenz wird dauerhaft nicht aufrechtzuerhalten sein. Daher ist es nicht auszuschließen, dass es in den kommenden Wochen und Monaten zu Anschlägen extremistischer Albaner gegen serbische Zivilisten und die UNO-Verwaltung kommt.