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Interview mit dem stellvertretenden KFOR-Kdt Brigadier Johann Luif

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Berichte Kosovo
Bei der Friedenstruppe KFOR im Kosovo stellt Österreich derzeit mehr als 600 der insgesamt 6.000 Soldaten. Damit ist Österreich der viertgrößte Truppensteller und der stärkste unter den Nicht-NATO-Staaten. Diese starke Präsenz auch im Krisenherd Nord-Kosovo schlägt sich auch in der Führung der KFOR nieder, und so ist mit Brigadier Johann Luif auch zum ersten Mal ein Österreicher stellvertretender KFOR-Kommandant. Luif und die Truppe haben in den vergangenen sechs Monaten harte Einsätze erlebt als es galt serbische Straßensperren zu räumen. So wurden durch eine Handgranate acht Österreicher verletzt, einer von ihnen schwer. Die Serben protestieren durch Straßensperren gegen den Versuch der albanisch dominierten Regierung des Kosovo, die Kontrolle auch über den Norden zu übernehmen. In Pristina hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz mit Brigadier Johann Luif über die Lage im Kosovo gesprochen, hier sein Bericht:

Wenn Du schon nicht alle Sperren der Serben räumen kannst, dann errichte selbst welche. Diesem Prinzip folgend beseitigten deutsche und österreichische KFOR-Soldaten am 28. November im Nord-Kosovo eine serbische Sperre und sperrten damit eine wichtige Straße, die zwei serbisch bewohnte Täler miteinander verbindet. Extremistische Serben griffen noch am selben Tag die Soldaten auch mit Schusswaffen und einer Handgranate an. Dass die Lage nicht eskalierte liegt nach Ansicht von Brigadier Johann Luif am kaltblütigen Verhalten der Soldaten:

" Das heißt, die Soldaten haben dort wirklich Nerven bewahrt, sie haben nur Gummigeschoße und Pfefferspray eingesetzt. Wir müssen natürlich bei unserem Vorgehen, das wir jetzt machen, berücksichtigen, dass möglicherweise auf die Soldaten geschossen wird, d.h., sie werden schon weit vor dem Einsatzgebiet ihre kugelsicheren Westen anziehen, ihre Helme aufsetzen. Die Bewegung der Soldaten wird mehr abgestimmt, und wir werden vorsichtiger sein; aber ich glaube unsere Soldaten gemeinsam mit den deutschen Soldaten, die dort waren, haben das professionell weggesteckt."

Wer durch den Nord-Kosovo fährt sieht immer wieder auch Plakate und Transparente, auf denen der KFOR vorgeworfen wird, keine Friedenstruppe sondern ein Besatzer zu sein. Zur Einstellung der Bevölkerung sagt Luif:

Wir sind natürlich nicht willkommen bei jenen, die diese Blockaden organisieren, das ist aber auch verständlich. "Wir haben - sagen wir ein Mal so - ein sachliches, neutrales Verhältnis mit der normalen Bevölkerung. Dass das Verhältnis in letzter Zeit auch ein wenig abgekühlt ist mit der Bevölkerung muss auch verständlich sein, denn KFOR muss die Interessen der internationalen Organisationen unterstützen, und das bedeutet das Freimachen der Straßen. Aber die Spannung, die sich im Zuge so einer Konfrontation aufbaut, die baut sich auch sehr schnell wieder ab."

Die Konfrontation kostete Serbien jedenfalls beim EU-Gipfel am 9. Dezember den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Seither hat der serbische Präsident Boris Tadic mehrfach zur Beseitigung der Straßensperren aufgerufen; doch seine Landsleute im Norden sehen in ihm mehrheitlich einen Verräter und folgen eher den nationalistischen Parteien, die in Serbien in der Opposition sind. Zur Bewegungsfreiheit und zu den Barrikaden, , englisch Roadblocks, sagt Johann Luif:

" Im Zuge des 9. Dezember, dieses Stichtages für die Verhandlungen mit der EU, wurden sehr viele dieser Roadblocks abgebaut, d.h., es wurden die Schotterhaufen entfernt, es wurden die Holzhaufen entfernt, aber es parken in unmittelbarer Nähe dieser alten Roadblocks nach wie vor LKWs mit Ladung, d.h., wir haben zwar auf der Straße selbst kaum Roadblocks, aber die Serben wären in kürzester Zeit, binnen weniger Minuten, die Roadblocks wieder zu errichten wenn sie wollen."

Die KFOR kann daher die Lage im Norden einigermaßen unter Kontrolle halten, doch das sei keine dauerhafte Lösung, betont Brigadier Johann Luif:

"Es muss eine politische Lösung erreicht werden; das ist auch das, worauf KFOR immer drängt; es muss ganz einfach begonnen werden, nicht nur über die Bevölkerung im Norden zu diskutieren, sondern auch mit der Bevölkerung im Norden. Dieses Zeichen muss auch von Seiten Priština kommen."

Doch bisher hat die kosovarische Regierung in Pristina viel zu wenig getan, um Vertrauen aufzubauen; hinzu kommt, dass in Serbien in fünf Monaten das Parlament neu gewählt wird. Somit sind im Nord-Kosovo durchaus neue Zwischenfälle möglich, weil die nationalistischen Parteien in Serbien ohnehin gegen die EU sind, um vom Wahlkampfthema Kosovo zu profitieren hoffen.

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