Was wusste das Haager Tribunal wann vom Organhandel ?
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Berichte Kosovo
Im Oktober 2003 besuchte die Chefanklägerin des Haager Tribunals, Karla Del Ponte, den Kosovo. Knapp danach ging in Den Haag ein Dokument ein, das offensichtlich auf der Recherche von Journalisten beruhte. Auf 26 Seiten werden anonymisierte Aussagen von acht Albanern aufgelistet. Diese Männer waren LKW-Fahrer sowie niedrigere Ränge der UCK. Aber auch ein Albaner war darunter, der als mutmaßlicher serbischer Kollaborateur in einem Lager der UCK in Nordalbanien gefangen war aber überlebte. Alle Quellen machten genaue geographische Angaben über Serben-Transporte nach Nordalbanien und lieferten Hinweise auf einen illegalen Organhandel. Mehrere Zeugen erkannten ein Haus wieder, in dem Organentnahmen stattgefunden haben sollen. Wegen seines gelben Anstrichs erhielt es den Spitznamen „Gelbes Haus“. Dorthin schickten die UNO-Verwaltung des Kosovo und das Tribunal im Februar 2004 ein Team von Experten. Gefunden wurden auch Blutspuren, doch ließ sich nicht ermittelt, ob das Blut menschlichen oder tierischen Ursprungs war. In ihrem Bericht vom Juni 2004 schrieben die Experten, dass „keine schlüssigen Beweise“ auf ein Verbrechen im „Gelben Haus“ gefunden wurden. Damit versandeten offensichtlich die Ermittlungen; erst 2008 brach die pensionierte Chefanklägerin Karla Del Ponte in ihren Erinnerungen ihr Schweigen. Das führte schließlich zum Bericht des Schweizers Dick Marty über den Organhandel. Zum langjährigen Schweigen von Karla Del Ponte sagt Marty:
"Tatsache ist, dass diese vermutlichen kriminellen Taten außerhalb der Zuständigkeit des Haager Tribunals geschehen sind, weil das ist in Albanien. Natürlich ich war auch sehr überrascht, dass solche Anschuldigungen von der höchsten Beamtin der Anklagebehörde plötzlich in einem Buch erschienen sind."
Bleibt somit die Frage, warum die gar nicht öffentlichkeitsscheue Karla Del Ponte, so lange geschwiegen hat. Bleib aber auch die Frage, warum die an sich resolut auftretende Frau als Chefanklägerin des Haager Tribunals nicht wenigstens im Kosovo eine offizielle Untersuchung einleitete. Und natürlich stellt sich die Frage nach der Rolle der UNO-Verwaltung des Kosovo. Eine Untersuchung der Vorwürfe des illegalen Organhandels müsste daher wohl auch die Frage klären, wer oder was dazu geführt hat, dass auf dem Weg zur Klärung eines möglichen Verbrechens unter den Augen von EU, NATO und UNO mindestens sieben Jahre verloren worden sind.