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Europarat debattiert Bericht von Dick Marty

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Berichte Kosovo
Debatten im Europarat zählen an sich nicht nur den Ereignissen, die eine besondere mediale Aufmerksamkeit hervorrufen. Doch heute ist das anders; denn heute steht in Straßburg der Bericht über den angeblichen illegalen Organhandel in Nordalbanien während des Kosovo-Krieges und unmittelbar danach auf dem Programm. Verfasst hat den Bericht der Schweizer Dick Marty, der damit im Kosovo und in Albanien zum Feindbild geworden ist, während Serbien den Bericht mit großer Genugtuung aufgenommen hat. Den Kern der Darstellung und die politischen Folgen fasst nun unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz zusammen:

Der Mitte Dezember vom Schweizer Dick Marty vorgelegte Berichtsentwurf, schlug in Serbien, im Kosovo und in Albanien wie eine Bombe ein. So beschuldigte Marty, den amtierenden Ministerpräsidenten des Kosovo, Hashim Thaci, als Freischärlerführer der UCK während des Kosovo-Krieges und unmittelbar danach, in illegalen Organhandel verwickelt gewesen zu sein. In Gefangenenlagern der UCK in Nordalbanien sollen vor allem Serben aber auch Albaner, die der Zusammenarbeit mit Serbien verdächtigt wurden, als Organspender missbraucht und ermordet worden sein. Während Thaci und die Albaner diese Darstellung entrüstet zurückwiesen, fühlten sich Serbien bestätigt. In einem Interview mit dem kosovarischen Fernsehen schränkte Dick Marty jüngst seine Vorwürfe jedoch ein:

„Wenn Sie meinen Bericht aufmerksam lesen, sage ich nirgends, dass Herr Thaci direkt in den Handel mit Organen verwickelt ist; aber ich sage, dass Personen aus dem sehr nahen Umfeld von Herrn Thaci damit zu tun haben; dass es also schwer fällt, sich vorzustellen, dass er nie davon gehört hat. Ich sage nicht, dass es sich um hunderte von illegalen Transplantationen handelt. Ich spreche nur von einer Handvoll Fälle.“

Zeugen für seine Darstellung will Marty auch heute bei der Plenardebatte im Europarat nicht nennen. Das werde er erst tun, wenn ein umfassender Zeugenschutz gewährleistet sei. Marty fordert jedenfalls eine umfassende Untersuchung. Die ist auch dringend nötig; denn bereits der Berichtentwurf hat das Klima zwischen Serben und Kosovo-Albanern neuerlich derart vergiftet, dass an eine weitere Normalisierung der Beziehungen ohne Aufklärung nicht zu denken ist.

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