Die Serben und die Parlamentswahl im Kosovo
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Berichte Kosovo
Wahlkampf im Dorf Prilusije wenige Kilometer westlich der Hauptstadt Pristina. Ort der Veranstaltung ist das Gasthaus an der Einfahrtsstraße ins Dorf. 3000 Serben leben hier; etwa 50 sind gekommen, um die Redner der SLS, der Selbständigen Liberalen Partei, zu hören. 2006 gegründet war die SLS die erste Serben-Partei des Kosovo, die den von Belgrad verordneten Boykott missachtete und 2007 an der Parlamentswahl teilnahm. Obwohl nur etwa 800 Serben wählten, stellte die SLS zwei Minister, zuständig für Arbeit und Rückkehr. Denn die Verfassung des Kosovo garantiert den Serben 10 der 120 Mandate und zwei Minister – unabhängig von der Wahlbeteiligung. In Prilusije verweist SLS-Vorsitzender Slobodan Petrovic auf die Erfolge seiner Partei. Durch den Bau von Wohnungen sei 300 serbischen Familien die Rückkehr in den Kosovo ermöglich worden, Straßen und Kanalisation seien gebaut und für 2.000 Serben ein Arbeitsplatz geschaffen worden. Warum die SLS antritt begründet Slobodan Petrovic so:
„Wir sind uns bewusst, dass es Dinge gibt, die wir nicht beeinflussen können. So können wir die Weltordnung nicht ändern und auch nicht über den Status des Kosovo entscheiden; doch das gibt uns nicht das Recht, dass wir nicht jene Dinge beeinflussen, die wir beeinflussen können; das ist das täglich Leben, das Fehlen von Strom oder Wasser, Arbeitsplätze und Wohnungsfragen.“
Diese Meinung teilen immer mehr Serben, und daher treten dieses Mal bereits acht Listen an. Dazu zählt die „Serbische Einheitsliste“, die von der Ärztin Rada Trajkovic angeführt wird. Ihr Antreten sieht sie als Test für die albanische Mehrheit. Rada Trajkovic:
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„Jetzt wird sich zeigen, ob es im Parlament des Kosovo zu einem tatsächlichen interethnischen Dialog kommen kann, den es bisher nicht gegeben hat. Wird die albanische Seite Verständnis für die serbischen Probleme haben? Das müssen wir durch unser Handeln feststellen, und zwar in dem Sinne, dass wir die Rechte einfordern werden, die uns diese Verfassung garantiert.“
Die Parlamentswahl vertieft die Spaltung der etwa 100.000 Kosovo-Serben. Die Mehrheit südlich des Flusses Ibar lebt unter den Albanern und muss sich daher integrieren, um zu überleben. Der kompakt besiedelte serbische Norden wird dagegen die Wahl wieder boykottieren, kooperationswillige Serben gelten als Verräter und wurden wiederholt bedroht. Dazu sagt Rada Trajkovic:
„All jene die große Worte des Patriotismus ausgesprochen haben, waren systematisch und tief mit der Mafia verbunden. Das ist auch Realität des Nordens des Kosovo. Sie wollen dort nicht ein Mal eine serbische Rechtsordnung, denn sie wollen nur ein Gebiet, das sie vollständig kontrollieren, ohne sich gegenüber irgendwem oder irgendwas verantworten zu müssen.“
Nach zwei Jahren im Kosovo ist es auch der EU-Polizei-Mission EULEX noch nicht gelungen, rechtsstaatliche Verhältnisse im Norden herzustellen. Ein Wahlkampf wird dort daher kaum stattfinden; die von der SLS plakatierte „Sichere Zukunft für alle“ wird daher vor allem im Norden des Kosovo noch recht lange auf sich warten lassen.