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Lokalaugenschein bei Familie Zogaj im Dorf Kalicani

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Berichte Kosovo
Vor neun Monaten, im September 2007, wurde der Albaner Xhevat Zogaj und seine vier Kinder in den Kosovo abgeschoben. Die 16-jährige Tochter Arigona und ihre Mutter Nurie erhielten dagegen die Genehmigung, bis zum Schulabschluss Anfang Juli in Österreich zu bleiben. Diese Frist läuft nun ab, und in Österreich wird wieder über den Fall intensiver debattiert. Doch wie geht es eigentlich dem Vater undseinen vier Kindern im Kosovo. Dieser Frage ist unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz nachgegangen. Er hat die Familie bereits unmittelbar nach ihrer Abschiebung besucht und war auch jüngst wieder im Dorf Kalicani. Hier sein Bericht:

Das Dorf Kalicani liegt in der Nähe der Stadt Istok im Grenzgebiet zwischen dem Kosovo und Montenegro. Beim ersten, angemeldeten Besuch im vergangenen Oktober schliefen Vater Xhevat und zwei seiner Kinder bei der Mutter des Vaters, die anderen beiden bei einem Nachbarn. Beim jüngsten, unangemeldeten Besuch ist daher die alte Frau neuerlich die erste Anlaufstelle. Kaum hat sie uns erblickt, fängt sie zu klagen an … die kosovarischen Behörden hätten ihr die Sozialhilfe von 40 Euro gestrichen, sie sei krank, und auch ihr Sohn Xhevat kümmere sich nicht um sie. Vom 42-Xhevat fehlt jede Spur. Auf die Frage nach seinem Verbleib sagt der Nachbar, Arsim Zogaj, der Kroatisch spricht:

„Mein Gott, ich weiß nicht, was ich Dir sagen soll.“

Gleiches behauptet auch der 28-jährige Kujtim, der als ehemaliger Gastarbeiter, etwas Deutsch spricht:

„Vater, jetzt, ich weiß nicht, wo er ist.“

Und was ist mit den vier Kindern? Kujtim behauptet, sie würden im Dorf herumgereicht:

„“Ja, überall, überall schlafen, und zum Beispiel, kommt zu mir um 11 Uhr schlafen, wie auch bei den anderen Dorfbewohnern; wenn kommt, sagt, gib, etwas zu Essen, bei jedem Mann.“

Auch bei Arsim Zogaj haben zwei Kinder zwei Monate geschlafen. Warum sie nicht bei der Großmutter leben begründet Zogaj so:

„Ihr selbst geht es nicht gut; wir halten es kaum aus, wenn sie schreit; sie will sie nicht sehen; sobald sie ins Haus kommen, jagt sie sie fort.“

Diese Behauptung lässt sich nicht überprüfen, denn der Verbleib der vier Kinder Alban, Alfred, Albin und Albana bleibt unklar. Ein Bewohner des Dorfes Kalicani behauptet, er habe sie verständigt und in zehn Minuten würde sie mit uns sprechen. Doch auch zwei Stunden später sind sie noch immer nicht aufgetaucht. Ermitteln lässt sich folgendes: Der zehnjährige Albin und die neunjährige Albana gehen auch nach neun Monaten nicht zur Schule. Angeblich reichen die schriftlichen Kenntnisse der albanischen Sprache noch nicht aus. Afred, knapp 18, und Alban 19, sind nicht mehr schulpflichtig. Alban hat inzwischen eine Kosovo-Albanerin geheiratet, die in Österreich ein Asylverfahren laufen hat. Um den Asylstatus durch eine Rückkehr in den Kosovo nicht zu verlieren erfolgte die Eheschließung in Albanien. Damit wird Alban recht bald die Familienzusammenführung beantragen können. Auch Alfred soll entsprechende Heiratspläne haben. Wo, wie und wovon Kinder und Vater Xhevat leben lässt sich nicht feststellen. Sicher dürfte sein, dass Xhevat vor einigen Monaten sein altes Auto von Oberösterreich über Montenegro in den Kosovo überstellen ließ. Gerüchte besagen, dass er in Rozaj in Montenegro eine Freundin haben und sich oft dort aufhalten soll. Xhevat war mehr als ein Jahr nach dem Ende des Kosovo-Krieges im Dezember 2000 illegal nach Österreich eingereist; seine Familie folgte ebenfalls illegal im August 2002, doch das gesamte Verfahren ist bis heute nicht abgeschlossen.

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