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Neue Verfassung für den Kosovo vorgestellt

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Berichte Kosovo
In Prishtina wird in einer Stunde (1300) die neue Verfassung des Kosovo politisch abgesegnet. An der Unterzeichnungszeremonie nehmen die albanische Führung und die Vertreter der internationalen Gemeinschaft teil. Proklamieren wird die Verfassung das Parlament am Mittwoch. Vorgesehen ist eine neue Verfassung für den Kosovo im so genannten Ahtisaari-Plan, quasi dem Drehbuch für die überwachte Unabhängigkeit der ehemals serbischen Provinz. Der Ahtisaari-Plan spielt daher auch in der Verfassung eine große Rolle, die unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz bereits gelesen hat; hier sein Bericht:

Die neue Verfassung ist ein entscheidender Schritt zur politischen und rechtlichen Abrundung der Unabhängigkeit, die der Kosovo Mitte Februar erklärt hat. Die Verfassung hat 160 Artikel und gliedert sich in 14 Kapitel. Der Kosovo wird als parlamentarische Demokratie definiert, in der ein ausgewogenes Kräftegleichgewicht zwischen Ministerpräsident und Staatschef herrscht. So gestaltet etwa der Präsident gemeinsam mit dem Regierungschef die Außenpolitik; Zusammenarbeit zwischen beiden höchsten staatlichen Funktionen ist auch bei der Ernennung des Geheimdienstchefs vorgesehen; und den Kommandant der Kosovo-Streitkräfte ernennt der Präsident auf Vorschlag der Regierung. Fast ein Viertel der Verfassung ist den Grund- und Freiheitsrechten gewidmet; der Kosovo übernimmt alle nur denkbaren internationalen Bestimmungen zum Schutz der Menschen- und Minderheitenrechte, beginnende mit der Erklärung der Menschenrechte bis hin zur Anti-Folterkonvention. Immer wieder taucht in dem Dokument die Formulierung auf, eine Institution habe die ethnische Verschiedenheit der Bevölkerung wider zu spiegeln. In diesem Sinne haben Serben und andere Volksgruppen eine garantierte Mindestvertretung in Parlament und Justiz und sollen auch in Polizei und Streitkräften entsprechend vertreten sein. Bei bestimmten Gesetzen, die Minderheiten betreffen, ist im Parlament auch die Zustimmung der Mehrheit der Vertreter der Minderheiten erforderlich. Diese Schutzklausel gilt etwa für das Wahlrecht sowie die Gesetze über Sprache, religiöse Freiheiten oder Erziehung. Außerdem wird den serbischen Gemeinden gestattet, Gemeindeverbände zu bilden und grenzüberschreitend mit Serbien zusammenzuarbeiten. All diese Bestimmungen sieht der Ahtisaari-Plan vor, der de facto Teil der Verfassung ist. Der in dem Plan vorgesehenen überwachten Unabhängigkeit entsprechen die Übergangsbestimmungen. Sie räumen de facto einem Vertreter der EU und seiner Behörde die höchste Kompetenz bei der Beurteilung der Frage ein, ob der Kosovo den Ahtisaari-Plan auch umgesetzt hat. Der große Pferdefuß dieses Plans und der Verfassung ist allerdings, dass die Serbien bisher nicht bereit sind, beide Dokumente zu akzeptieren und somit die darin vorgesehenen Privilegien in Anspruch zu nehmen.

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