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Prozess gegen Haradinaj beginnt in Den Haag

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Berichte Kosovo
Vor dem Haager Tribunal beginnt heute der Prozess gegen drei ehemalige Führer der albanischen Befreiungsbewegung UCK. Prominentester Angeklagter ist der ehemalige Ministerpräsident des Kosovo Ramush Haradinaj. Ihm und seinen Mitangeklagten werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die Verletzung des Kriegsvölkerrechtes zur Last gelegt. Diese Straftaten sollen die drei Angeklagten im März 1998 begangen haben. Ein Jahr später führte dann die NATO gegen Serbien den Krieg um das Kosovo, der im Frühsommer endetet. Seit damals steht der Kosovo unter Kontrolle von UNO und Nato. Aus Belgrad berichtet über den Prozessbeginn in Den Haag Christian Wehrschütz:

Ramush Haradinaj und seine beiden Mitangeklagten werden beschuldigt, für Mord, Vertreibung, Misshandlung verantwortlich zu sein. Ziel des gemeinsamen verbrecherischen Plans sei es gewesen, eine Region des Kosovo unter die Kontrolle der UCK zu bringen. Zu Opfern zählen dabei nicht nur Serben und Roma, sondern auch 19 Albaner; sie seien von den Freischärlern der Zusammenarbeit mit Serbien verdächtigt worden, heißt es in der Anklage. Hardinaj hat stets seine Unschuld beteuert. Sofort nach der Anklageerhebung im März 2005 trat Haradinaj als Ministerpräsident zurück und stellte sich freiwillig dem Tribunal. Im Juni 2005 wurde er daher auf freien Fuß gesetzt und durfte im Kosovo auf den Prozessbeginn warten. Ende Februar kehrte Haradinaj wieder in seine Zelle nach Den Haag zurück.

Die Tatsache, dass der 38-Jährige vorübergehend freigelassen wurde, hat in Belgrad dem Haager Tribunal geschadet. Denn auch der Vorsitzende der serbischen Ultranationalisten, Vojislav Seselj stellte sich vor vier Jahren freiwillig; ihm wurde dieses Privileg jedoch nicht gewährt, wobei der Prozess demnächst beginnen soll. Darüber hinaus zeigt der Fall Haradinaj auch die Gegensätze zwischen Serben und Kosovo-Albanern deutlich auf. Für die Serben ist Haradinaj ein Kriegsverbrecher. Für die Albaner ist er ein Held, auch weil zwei seiner Brüder im Kosovo-Krieg ihr Leben verloren. An dieser Einschätzung kann auch die Tatsache nichts ändern, dass ein dritter Bruder im Kosovo bereits wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurde. Interessant ist, dass sich seit der Anklageerhebung einige Zeuge der Anklage geweigert haben sollen, gegen Haradinaj auszusagen. Erst jüngst kam ein möglicher Belastungszeuge bei einem Autounfall in Montenegro ums leben; die Medien in Serbien spekulierten sofort, der Unfall könnte arrangiert worden sein. Sicher ist jedenfalls, dass der Prozess gegen Haradinaj das eines der letzen großen Verfahren ist, das in Den Haag begonnen wird. Denn die Uhr des Tribunals läuft ab und neue spektakuläre Verfahren sind nur mehr zu erwarten, sollten die meistgesuchten Angeklagten, Ratko Mladic und Radovan Karadjic, doch noch gefasst werden. Sie werden für das Massaker an 7.800 Bosnjaken in Srebrenica verantwortlich gemacht und sind seit mehr als 10 Jahren auf der Flucht.

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