Kann der Kosovo wirtschaftlich überleben?
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In der Stadt Suva Reka ist das österreichische Kontingent der Friedenstruppe KFOR stationiert. Das Bundesheer ist nicht nur ein wichtiger lokaler Arbeitgeber, sondern unterstützt auch Entwicklungsprojekte. Dazu zählt eine Kleinmolkerei, die mit Hilfe aus Niederösterreich vor Monaten erreichtet wurde. Sie soll die lokale Produktion ankurbeln, denn die meiste Milch wird noch immer importiert. Neben der Molkerei gestalte die Stadt Suva Reka auch einen Friedhof für im Kosovo-Krieg gefallene Albaner. Während der Friedhof bereits fertig ist, produziert die Molkerei noch immer nicht. Doch als ein Minister aus Österreich zu Besuch kam, musste die Molkerei trotzdem eingeweiht werden; anstelle von Milch, wurde jedoch Wasser in die Pakete gefüllt und derartige Packerl sind bis heute in der Molkerei zu finden. Ein Grund für den Stillstand sind technische Probleme mit der Abfüllanlage sowie Stromausfälle. Noch immer bestehen im Kosovo massive Stromengpässe und der eigene Generator ist defekt. Trotzdem zählt auch die Landwirtschaft zu den großen Hoffnungen, betont der Präsident der kosovarischen Wirtschaftskammer, Besim Beqaj:
„Die Investitionen sind sehr gering, machen sich rasch bezahlt und sind arbeitsintensiv, denn der Kosovo hat sehr viele Arbeitskräfte. Zweitens kann die Leichtindustrie zu unseren Stärken zählen, wobei man den natürlichen Reichtum ausnutzen kann, über den der Kosovo etwa bei Mineralien verfügt. Am wichtigsten ist jedoch der menschliche Faktor. Mehr als 60 Prozent unserer Bevölkerung ist jünger als 25 Jahre.“
Dieses Potential wird zunehmend genutzt, etwa in der Fabrik Balkan ebenfalls in Suva Reka. Fast 15 Jahre standen alle Räder still, ehe im Vorjahr ein türkischer Konzern das Werk übernahm. Erzeugt werden Förderbänder für die Industrie, 80 Prozent werden exportiert. Im Kosovo sind zwei Drittel der 500 Betriebe privatisiert; doch mit 1500 lokalen Mitarbeitern ist die UNO noch immer größter Arbeitgeber. Ihr Budget von 170 Millionen Euro ist wichtig für die lokale Kaufkraft; sie wird auch durch Auslands-Albanern gestärkt, ihre Zuwendungen werden auf 360 Millionen Euro pro Jahr geschätzt und sind fast halb so groß sind wie das Kosovo-Budget. Doch diese Zuwendungen schwanken und das Budget der künftigen EU-Mission wird nur mehr halb so groß sein, wie das der UNO. Dazu sagt Besim Beqaj
„Die Verringerung der Kaufkraft, die durch die Reduktion der internationalen Institutionen entsteht, können wir durch Abkommen mit internationalen Finanzinstitutionen ausgleichen. Das wird möglich, sobald der Status gelöst ist; der Kosovo braucht Großinvestitionen.“
Denn die Verkehrsinfrastruktur ist noch immer schlecht und ebenso investitionsfeindlich wie Bürokratie und Korruption; sie bekam ein Medikamentenhersteller bei Prishtina zu spüren. Obwohl im Kosovo fast alle Medikamente importiert werden müssen, produzieren die Maschinen der Fabrik seit 18 Monaten nur mit geringer Kapazität, weil Betriebsgenehmigung und Lizenzen Monate dauern. Der Direktor der Fabrik, Nexhdet Kondirolli, fordert daher:
„Gesetze müssen flexibler zu handhaben sein, das Steuersystem muss investitionsfreundlicher werden, die Bürokratie muss kleiner und die Korruption beseitigt werden.“
Im Zentrum der Kosovo-Hauptstadt Prishtina, ist dieser Tage auch „Väterchen Frost“ mit weißem Bart und Nikolo-Kostüm zu sehen. Doch auch im Kosovo bringen nicht „Väterchen Frost“ Reichtum und Wohlstand, sondern nur Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz, die bisher weit weniger in Sicht sind als die ersehnte Unabhängigkeit von Serbien.