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Ministerpräsidenten Ramush Haradinaj und die Folgen

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Berichte Kosovo
Im März erschütterten Ausschreitungen albanischer Extremisten im Kosovo die trügerische Hoffnung der internationalen Gemeinschaft auf eine Aussöhnung zwischen Albanern und Serben. Sechs Monate später könnten dem Kosovo wieder Unruhen bevorstehen. Denn der designierte Ministerpräsident Ramush Haradinaj wird vom Haager Tribunal verdächtigt, im Kosovo Krieg vor fünf Jahren Verbrechen an albanischen Kollaborateuren und serbischen Zivilisten begangen zu haben. Sollte Haradinaj angeklagt werden, befürchten westliche Diplomaten neue Ausschreitungen der Albaner, zumal Serbien seit mehr als einem Jahr keine Angeklagten ausgeliefert hat, die im Kosovo weit schlimmerer Verbrechen beschuldigt werden als Ramush Haradinaj. Unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz war gestern im Kosovo und hat auch mit dem künftigen Ministerpräsidenten Haradinaj gesprochen. Hier sein Bericht:

Tausende Albaner protestierten vor zwei Tagen in der Kosovo-Hauptstadt Prishtina gegen das Haager Tribunal. Grund für die Demonstration ist der erste Prozess gegen ehemalige Mitglieder der Freischärlerbewegung UCK in Den Haag. Die drei angeklagten Albaner sollen im Kosovo-Krieg mehr als 40 serbische und albanische Zivilisten entführt, misshandelt und einige von ihnen ermordet haben. Wegen ähnlicher Vorwürfe ist auch Ramush Haradinaj, der künftige Regierungschef des Kosovo, vom Haager Tribunal in Prishtina Mitte November einvernommen worden. Zu dieser Befragung sagt Haradinaj:

„Ich habe bestätigt, dass ich während des Krieges weder Verbrechen begangen habe noch in Verbrechen verwickelt war. Ich war von vielen Soldaten, von einer mächtigen Kriegsmaschinerie eingekesselt, und ich habe meine Pflicht als Bürger erfüllt und meine Familie und meine Gesellschaft verteidigt und für die Freiheit gekämpft.“

Im Falle einer Anklage ist Haradinaj bereit sich dem Tribunal zu stellen:

„Ich werden meine Pflicht gegenüber einem internationalen Gerichtshof erfüllen.“

Trotzdem könnte eine Anklage gegen Haradinaj Unruhen wie im März auslösen. Damals richtete sich der Zorn der Albaner gegen die Serben und die UNO-Verwaltung UNMIK, die als ineffzient und korrupt empfunden wurde. Diese Gefühle bestehen noch, und ein Auslöser für neue Unruhen könnte der Fall Ramush Haradinaj sein. Er wurde im Kosovo-Krieg zum Helden und anschließend Politiker. Im Kampf gegen die Serben verlor er zwei Brüder. Sein dritter Bruder Daut sitzt in Prishtina im Gefängnis. Er wurde zu fünf Jahren verurteilt, weil er an der Entführung und Ermordung von Serben beteiligt war. Dem 36-jährigen Ramush Haradinaj schadete das nicht. Bei der Parlamentswahl im Oktober belegte seine Partei AAK den dritten Platz. Mit der stärksten Kraft, der Partei von Präsident Ibrahim Rugova, und zwei Parteien nationaler Minderheiten, wird Haradinaj nun die Regierung bilden. Beschleunigen will er die Rückkehr vertriebener Serben:

„Wir haben vereinbart in der Regierung ein Ministerium für Rückkehr und Gemeinden zu schaffen. Dieses Ministerium wird die Kompetenz haben, effektiver für die Rückkehr zu arbeiten als das bisher der Fall war.“

Bei den Albaner könnte Haradinaj als ehemaliger UCK-Kommandant über genügend Autorität verfügen, um tatsächlich eine Aussöhnung mit den Serben einzuleiten. Doch die Serben haben nicht nur die Parlamentswahl boykottiert, sondern auch massive Vorbehalte gegen Haradinaj, den sie als Terroristen und Mafia-Boss bezeichnen. Ob die serbischen Abgeordneten daher überhaupt ihre Mandate und die zwei ihnen zustehenden Ministerposten annehmen, ist mehr als fraglich. Massive Bedenken haben auch einzelne EU-Mitglieder geäußert. Haradinaj wird es daher schwer haben Vertrauen aufzubauen, wenn ihm das Haager Tribunal dazu überhaupt Gelegenheit gibt.

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