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Kosovo-Polizist

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Im Kosovo stand die internationale Staatengemeinschaft nach dem Ende des Krieges vor fast drei Jahren auch vor der schwierigen Aufgabe, eine Polizei aufbauen zu müssen. Zu Beginn fehlte es dabei praktisch an allem, nicht ein Mal Polizeistationen waren vorhanden. Nunmehr dienen im Kosovo etwa 4.000 lokale Polizisten und etwa 4.000 Polizisten aus 50 Nationen. Darunter sind auch etwa 60 Österreicher. Deren Tätigkeit geriet jüngst ins Rampenlicht der Öffentlichkeit. Denn einem österreichischen Polizisten wird vorgeworfen einen albanischen Untersuchungshäftling mißhandelt zu haben. Der Österreicher bestreitet die Vorwürfe. Dieser Vorfall wird nun ebenso untersucht wie die Umstände unter denen der österreichische Polizist Ende Februar aus dem Kosovo nach Österreich gebracht wurde. Unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz hat das österreichische Polizeikontingent im Kosovo besucht und folgenden Bericht gestaltet:

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – dieses Sprichwort wird derzeit von allen Beamten der UNO-Polizei des Kosovo strikt befolgt, wenn es um den Fall des österreichischen Polizisten im Kosovo geht, der einen albanischen Häftling im Kosovo mißhandelt haben soll. Der Pres-sesprecher der UNMIK-Polizei Barry Fletcher sagt in Pristina zu dem Vorfall:

„Was ich sagen kann ist, daß noch immer zwei Untersuchungen laufen: die erste befaßt sich damit, was im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Mißhandlung am 25. Februar wirklich geschah; die zweite Untersuchung befaßt sich damit, wie der österreichische Beamte den Kosovo verließ. Solange die Untersuchungen nicht abgeschlossen sind, spekulieren wir nicht darüber was geschah oder was nicht.“

Der Kommandant des österreichischen Kontingents, Oberstleutnant Arnold Holzmann, stellt zu den Vorwürfen fest:

„Inzwischen hat das Innenministerium die Medienarbeit übernommen. Dadurch kann und werde ich dazu keinen Kommentar abgeben.“

Auf die Frage ob überhaupt eine Festnahme des Österreichers erfolgte und wenn ja, ob die Festnahme eines immunen Beamten zu diesem Zeitpunkt rechtmäßig war, sagt Holzmann nur lapidar:

„Sie müssen verstehen, auch dazu kein Kommentar.“

Ausgesprochen hat die angebliche Festnahme ein deutscher Polizeikommandant; dieser Mann wurde von den Österreichern wegen seiner Verhaltensweise gegenüber dem Verdächtigen massiv kritisiert. Auch dazu will Holzmann konkret nichts sagen, doch lobt er die Zusammen-arbeit auch mit den deutschen Kollegen:

„Es gibt eine hervorragende Zusammenarbeit, zumal auch zwischen deutschen und österreichischen Kollegen die Sprachbarriere nicht besteht.“

Daß diese Zusammenarbeit reibungslos verläuft bestätigt auch der deutsche Kommandant der Grenzpolizei in der Stadt Prizren Günther Nerhing:

„Wir sind hier in einer Mission. Wir haben einen gleichen Auftrag zu erfüllen und wir haben keine Rivalitäten.“

Während im konkreten Fall noch viele Fragen offen bleiben ist unumstritten, daß das 70 Per-sonen umfassende österreichische Kontingent auch in wichtigen Bereichen der Polizeiarbeit tätig ist. Zu dem Kontingent zählen fünf Justizwachebeamte der Rest sind Polizisten und An-

hörige der Gendarmerie. Von diesen Gendarmeriebeamten sind 15 in der Abteilung für Sondereinsätze tätig, wobei ein Beamter aus dieser Gruppe in einer Antiterroreinheit und die übrigen beim Personenschutz dienen. Geleitet wird diese insgesamt 480 Mann umfassende Sondereinheit ebenfalls von einem Österreicher. Sie ist für die Verhaftung von Kriegsver-brechern und Schwerkriminellen und eben auch für den Schutz wichtiger Personen zuständig.

Dazu zählen auch internationale Staatsanwälte und Richter, wie die Österreicherin Renate Winter, die Richterin am Obersten Gerichtshof ist. Sie hat vier Leibwächter, wobei einer von ihnen die Richterin auf Schritt und Tritt begleitet. Auf die Frage, ob sie bereits Drohungen erhalten hat, sagt Winter:

„Ja habe ich. Und zwar in einem Fall, der politische Dimensionen hat. Es sind in verschiedenen Fällen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in irgendeiner Form involviert. Oder es geht um Persönlichkeiten, die früher in den Kriegswirren involviert waren und deswegen sind diese Prozesse sehr oft sehr gefährlich.“

Wie gefährlich die Lage ist zeigt folgender Vorfall. Ein hoher albanischer Richter war bereit, ein Interview auch auf serbisch zu geben. Jemand hörte mit. Wenige Stunden später bat der Mann, das Interview nicht auszustrahlen. Denn er sei telefonisch massiv bedroht worden, weil er serbisch und nicht albanisch gesprochen habe.

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