× Logo Mobil

Kosovo wählt

Radio
Mittags Journal
Berichte Kosovo
Im Kosovo wird genau in einer Woche ein Parlament gewählt. Diese Wahl ist nicht nur die erste demokratische Wahl seit dem Ende des Kosovo-Krieges vor mehr als zwei Jahren, sondern in der Geschichte des Kosovo überhaupt. In der Provinz selbst ist der Wahlgang der albanischen Parteien bereits voll im Gange. Nach Meinungsumfragen ist die LDK, die Liga für ein demokratisches Kosovo, klarer Favorit. LDK-Präsident Ibrahim Rugova hat somit auch die besten Chancen, vom Kosovo-Parlament zum ersten Präsidenten der Provinz gewählt zu werden. Im Gegensatz zu den Albaner-Parteien hat die serbische Minderheit gerade erst mit dem Wahlkampf begonnen. Grund dafür ist, daß sich die jugoslawische und die serbische Führung in Belgrad erst in dieser Woche dazu entschlossen haben, die Kosovo-Serben zu Wahlteilnahme aufzurufen. Über den Wahlkampf der Kosovo-Serben berichtet aus Belgrad Christian Wehrschütz:

In Belgrad pokerte die jugoslawische und serbische Führung bis zuletzt, um von der UNMIK, der UNO-Übergangsverwaltung des Kosovo, möglichst viele Zu-geständnisse zu erhalten. Den Weg frei für die Wahlteilnahme machte dann eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen Jugoslawien und der UNMIK. Unterschrieben wurde das Dokument in Belgrad von dem Leiter der UNMIK, Hans Haekkerup und von Nebojsa Covic, dem Vorsitzenden des Koordinations-zentrums für den Kosovo. Die Vereinbarung bekräftigt zunächst die UNO-Reso-lution 1244, die grundsätzlich festlegt, daß der Kosovo nach wie vor Betandteil Jugoslawiens ist. In dem Dokument verpflichtet sich die UNMIK weiter, die Rechte der Serben im Kosovo zu sichern, die Rückkehr der Vertriebenen voran-zutreiben sowie das Schicksal der mehr als 1000 vermißten Serben aufzuklären. Vereinbart wurde auch eine stärkere Zusammenarbeit zwischen der serbischen Polizei und der UNMIK-Polizei im Kosovo, etwa im Kampf gegen Terrorismus und Organisierte Kriminalität. Nebosja Covic würdigte das Dokument denn auch mit folgenden Worten:

„Ich denke, daß dieses Dokument den Beginn der Rückkehr Serbiens und Jugoslawiens in das eigene Staatsgebiet, nämlich in den Kosovo darstellt.“

Den Schlüssel für die Wahlteilnahme der Serben bildet in der Vereinbarung jener Bekräftigung, wonach keine Übergangsinstitution den Status des Kosovo ändern kann. Damit wollte Belgrad verhindern, daß das von Albanern domi-nierte Kosovo-Parlament nach der Wahl einseitig die Unabhängigkeit der Provinz ausrufen kann. Die Bedeutung der Teilnahme der Serben an der Wahl erläuterte Nebojsa Covic so:

„Natürlich liegt es an uns bis zum 17. November sicherzustellen, daß die Serben in größtmöglichster Zahl an der Wahl teilnehmen. Denn von der prozentuellen und proportionalen Vertretung der Serben im Kosovo-Parlament hängt es ab, wieviele Serben in den Übergangsinstitutionen und in der Administration des Kosovo vertreten sein werden.“

Zur Wahl registrieren ließen sich 170.000 Serben. 110.000 von ihnen leben als Vertriebene vor allem in Serbien aber auch in Montenegro, der Rest lebt vor allem im Nordteil des Kosovo und in drei Enklaven im Süden der Provinz. Im Parlament sind für die Serben und andere Minderheiten jeweils 10 Sitze reser-viert. Jedes zusätzliche Mandat kostet etwa 10.000 Stimmen, so daß die Serben mit bis zu 25 Mandaten im Kosovo-Parlament rechnen können. Um eine möglichst hohe und geschlossene Wahlteilnahme sicherzustellen, gründete die Führung in Belgrad die Einheitsliste Povratak, zu deutsch Rückkehr. Sie umfaßt 60 Personen, die von den wichtigsten serbischen Parteien nominiert wurden sowie einige unabhängige Kandidaten. Listenführer ist Gojko Savic, der serbische Rektor der Universität von Pristina, die nach dem Kosovo-Krieg nach Serbien übersiedeln mußte. Wie hoch die serbische Wahlbeteiligung sein wird, ist unklar, denn vor allem das Leben in den Enklaven ist noch immer sehr schwierig. So sagen diese Bürger im gemischten Dorf Cernica über das Leben mit der albanischen Mehrheit:

„Jeden Tag bewerfen sie uns mit Steinen. Wir können noch immer nicht zu Fuß durch das Dorf gehen, uns frei bewegen, sondern können nur in Gruppen mit Traktoren auftreten.“

„Wir zahlten einen hohen Preis hier in Cernica, sechs Tote und 12 Verletzte, von den Sachschäden gar nicht zu reden.“

„Für wen soll ich wählen und wo. Wo werden wir bleiben, wir wissen nichts.“

Überwacht wird die Wahl von der OSZE, von internationalen Beobachtern sowie im serbischen Teil auch von der Belgrader Nicht-Regierungsorganisation CESID. Ihr Pressesprecher, Marko Blagojevic, sagt zur Sicherheit seiner 200 Wahlbeobachter im Kosovo:

„Es sieht so aus, daß die Sicherheit unserer Beobachter in den Wahllokalen selbst kein Problem sein wird. Probleme könnte es für die mobilen Beobachter-teams geben, die Wahllokale besuchen werden. Für diese Teams planen wir aus Sicherheitsgründen den Schutz durch die KFOR sicherzustellen.“

Zum Vorliegen aussagekräftiger Ergebnisse nach der Wahl sagt Blagjevic:

„Ernsthafte Ergebnisse können wir erst später erwarten. Denn die Stimmen, die in Serbien abgegeben werden, werden im Kosovo ausgezählt. Die Stimmzettel werden in versiegelten Urnen in den Kosovo transportiert, wo sie gemeinsam mit anderen Stimmen ausgezählt werden. Eine Auszählung in Serbien und Montenegro findet also nicht statt.“
Facebook Facebook