eportage über Djakovica plus Interview mit deutschem Administrator Klaus Marte
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Der Bazar der Stadt Gjakove, serbisch Djakovica, bietet alles was das Herz eines potentiellen Käufers höher schlagen läßt. CDs in Form billiger Raubkopien von albanischer Musik bis hin zum westlichem Pop, wie etwa Celin Dion. Lebensmittel und Frü-chte aller Art sowie Schmuck und eine Unmenge geschmuggelter Zigaretten, auch ein Zeichen dafür, daß die albanische Grenze nur wenige Kilometer entfernt ist. Einen weiterer Beweis dafür bilden die vielen unverputzten aber neuen Läden; denn dieses Grenzgebiet diente auch als Rückzugsgebiet der kosovarischen Untergrundarmee UCK und serbische Truppen haben im Krieg von diesem Bazar nur wenig übrig gelassen. 18 Monate nach Kriegs-ende ist der Wiederaufbau in vollem Gang, finanziert nicht zuletzt durch das Geld der Gastarbeiter. Im Gemeinderat der 150.000 Einwohner zählenden Stadt verfügt die LDK, die ge-mäßigte Partei des Schriftstellers Ibrahim Rugova seit der Wahl vor vier Monaten über die absolute Mehrheit. Dieses Wahl-erergebnis war für den Kosovo ebenso typisch, wie es die Pro-bleme der Stadt selbst sind. Am Aufbau der Verwaltung als sogenannter Administrator beteiligt, ist auch der Deutsche Klaus Marte, der bereits 18 Monate in Gjakove verbracht hat. Marte hat eine Schlüsselfunktion inne, denn er muß das Budget genehmigen. Als größtes Problem bezeichnet Marte derzeit....
„Die Etablierung einer neuen Verwaltung weil sie vorher zu sehr politisch motiviert war und wir überall eine zu hohe Personalquote haben. Wir haben jetzt einen Chief executive director ernannt über die neu gewählte Assembly, wir haben auch die neuen 10 Direktoren für die Verwaltung, das war ein wichtiger Punkt denn zuvor hatte man 15 Direktorat mit dem Ergebnis man hatte nur noch Häuptlinge und kein Geld mehr um das Fußvolk zu bezahlen und das wollen wir jetzt ändern.“
Das beamtete Fußvolk der Stadt Gjakove, die etwa so viele Einwohner wie Salzburg hat, zählt derzeit auf der Gehalts-liste 192 Mitarbeiter, von denen etwa die Hälfte auch tat-sächlich arbeiten dürfte. 50 Prozent des Jahresbudgets von umgerechnet 11 Millionen Schilling sind durch Gehälter gebun-den. Mit dem Rest sollen Schulen, Müll, Verkehr Wasserver-sorgung und das Gesundheitswesen finanziert werden. Schwierig ist es auch geeignetes Personal zu finden; denn der albanische Spitzenbeamte von Gjakove bekommt 4.400 Schilling im Monat; eine Reinigungsfrau bei der UNO-Verwaltung UNMIK verdient da-gegen nach Martes Angaben 7.000 Schilling im Monat. Diese Un-terschiede entspringen unterschiedlichen Gehaltsschemen, nur ein Zeichen dafür, daß die Abstimmung zwischen diesen Organi-sationen durchaus verbesserungsfähig ist. Dringend zu verbes-sern ist auch die Wirtschaftsleistung der Betriebe der Stadt, deren Zustand Marte so beschreibt:
Zitat 2: „ Produziert wird jetzt natürlich wenig, die alten Staatsbetriebe sind verrottet, sie waren mit viel zu viel Personal versehen und das habe ich im Beitritt der Bundesrepublik kennen gelernt als ich da gearbeitet habe, dieses Problem haben wir auch und man träumt natürlich davon diese riesigen Fabriken wieder zu eröffnen aber ich meine das ist ein Traum. Man braucht Investoren und einen Markt, man kann nicht wie im Kommunismus einfach drauf los produzieren und der Staat nimmt das dann ab, das geht nicht mehr.“
Dringend geändert werden muß auch die Zahlungsmoral der Ein-wohner von Gjakove; nach Martes Angaben bezahlt nur jeder Zehnte seine Rechungen für Müll, Wasser und Strom. Umso größer ist dagegen die Baufreunde der Albaner, die durch Bauordnung bisher kaum zu regulieren war. Das illegale Bauen zählt nicht nur zu den großen Problemen in Gjakove. So soll in Pristina erst vor wenigen Monaten der albanische Beamte erschossen worden sein, der das Pech hatte, die erste Abrißgenehmigung zu unterschreiben. Nun soll zur Durchführung derartiger Verfahren die Friedenstruppe KFOR als Begleitschutz herangezogen werden, eine Aufgabe, die die KFOR nur widerstrebend wahrnimmt. Auf die Frage, ob in Gjakove der Abriß eines illegal errichteten Hauses ohne KFOR-Bedeckung möglich ist antwortet Administrator Klaus Marte knapp:
„Ich glaube nicht nach den Erfahrungen.“