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Kosovo und Wirtschaft

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Die nach Unabhängigkeit von Serbien strebende Provinz Kosovo ist wahrlich keine Region, die man mit Wohlstand und Wirtschaftsaufschwung verbindet. Trotzdem macht die UNO-Verwaltung vier Jahre nach Kriegsende nunmehr Ernst mit der Privatisierung. Trotz des Widerstands der serbischen Führung sollen nun Betriebe verkauft werden. Als ermutigendes Zeichen kann auch gewertet werden, dass die Raiffeisenbank den Markt-eintritt in den Kosovo gewagt hat. Sie hat eine Bank übernommen, die von einer staat-lichen amerikanischen Organisation gegründet worden ist. Unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz hat jüngst den Kosovo besucht und folgenden Beitrag über die wirtschaftliche Lage im Kosovo gestaltet:

Ein Besuch in einer durchschnittlichen Greißlerei in einem albanischen Dorf im Kosovo ergibt folgendes Bild: die Milch stammt aus Slowenien und Ungarn, das Waschmittel kommt aus Mazedonien oder Serbien und der Zucker aus Portugal oder einem anderen Land der EU. Nur wenige Grundnahrungsmittel oder Getränke stammen aus dem Kosovo selbst. Dieser Mangel an Selbstversorgung hat mehrere Gründe: zum einen sind viele multiethnisch besetzte Betriebe durch den Konflikt zwischen Serben und Albanern zusammengebrochen; zweitens ist der Import billiger als die teure veraltete Produktion und drittens hat es auch die Internationale Staatengemeinschaft bisher nicht verstanden, die Produktion anzukurbeln; so wird etwa die Friedenstruppe KFOR, vor allem au dem Ausland versorgt. Zu den großen Problemen zählt auch, dass Stromabschaltungen trotz massiver westlicher Investitionen noch immer an der Tagesordnung sind; die ausländi-schen Investitionen sind bisher fast vernachlässigbar, die Steuermoral ist noch schlechter als die Gemeindeverwaltung; und die Schattenwirtschaft blüht, denn ein Lehrer kann von 140 Euro Monatsgehalt nicht leben, wenn bereits ein Liter Milch etwa 80 Cent kostet. Der Cent zählt aber auch zu den positiven Seiten; im Kosovo ist der Euro die offizielle Währung; die Währungsumstellung hat gezeigt, dass nicht zuletzt dank der Diaspora, Geld vorhanden ist; so wurden bei den Banken mehr als 900 Millionen DM in Euro umgetauscht. Dieses unter der Matratze gehortete Geld dem Wirtschaftskreislauf zu zuführen zählt auch zu den Zielen der Raiffeisenbank. Sie hat die American Bank of Kosovo übernommen, die über mehr als 15 Filialen in der zwei Millionen Einwohner zählenden Provinz verfügt. Bei der offiziellen Übernahme jüngst in Pristina sagte RZB-Auslandschef Herbert Stepic zu den Zielen der Bank:

„Das was wir tun wollen, zu aller erst, ist die Firmenkundschaft in diesem Land unterstützen und zwar sind das die Klein und Mittelbetriebe. Hier gibt es de facto keine Bank die bis dato den Mittelstand fördert, das zweite ist das wir auch dem Privatkunden neue Produkte zuführen werden, wir werden ganz simple Sachen einführen die es nicht gibt, Gehaltskonten oder simple Privatkonten mit mehrverfügungs Möglichkeiten, wir werden Karten einführen, wir werden Visa einführen im zweiten Halbjahr dieses Jahres.“

Stepic und Raiffeisen setzen auch auf die Entstaatlichung. Zunächst sollen sechs Firmen privatisiert werden; doch als interessant angesehen werden zwischen 40 und 60 der mehr als 400 Unternehmen im Kosovo. Stimulierend könnte wirken, dass bei Betrieben im gesellschaftlichen Eigentum nun auch das Land auf 99 Jahre gepachtet werden kann. Zu den positiven Seiten des Kosovo zählt, dass Steuerpolitik und Budget noch in der Hand der internationalen Gemeinschaft sind; zwar ist das Budget mit 517 Millionen Euro gering, dafür wird aber Finanzdisziplin gewahrt; hinzu kommt, dass die Albaner fleißig sind und immerhin ein Wirtschaftswachstum zu verzeichnen ist. Auch die makroökono-mische Stabilität zählt zu den positiven Seiten. Die Aussichten des Kosovo dürften somit zwar nicht kurzfristig, aber doch mittel- und langfristig positiv zu beurteilen sein, trotz aller Probleme, die es in der Provinz noch zu bewältigen gilt.
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