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Kann der Kosovo wirtschaftlich überleben?

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Berichte Kosovo
Im kommenden Jahr soll der internationale Status der abtrünnigen serbischen Provinz Kosovo endgültig geregelt werden. Am wahrscheinlichsten ist derzeit eine bedingte Unabhängigkeit unter der Kontrolle von EU und Friedenstruppe KFOR. Doch ist der Kosovo mit seinen knapp zwei Millionen Einwohnern wirtschaftlich überhaupt überlebensfähig? Offiziell liegt die Arbeitslosigkeit bei 40 Prozent, und die Jugendarbeitslosigkeit ist noch höher. Fast alle Waren werden eingeführt, denn die Importe werden nur zu sieben Prozent durch Exporte gedeckt. Trotzdem weist die Provinz, die etwa so groß ist wie ein österreichisches Bundesland mit fünf Prozent ein respektables Wirtschaftswachstum auf, das allerdings von einen sehr niedrigen Niveau aufgeht. Als Währung gilt bereits der Euro, das Arbeitskräftepotential ist groß und auch die Privatisierung zeitigt erste sichtbare Resultate.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus dem Kosovo

Insert1: 0’42 Besim Beqaj Präsident der Wirtschaftskammer des Kosovo

Insert2: 2’02 Besim Beqaj Präsident der Wirtschaftskammer des Kosovo

Insert3: 2’41 Nexhdet Kondirolli, Unternehmer im Kosovo

Gesamtlänge: 3’05

In der Stadt Suva Reka ist das österreichische Kontingent der Friedenstruppe KFOR stationiert. Das Bundesheer ist nicht nur ein wichtiger lokaler Arbeitgeber, sondern unterstützt auch Entwicklungsprojekte. Dazu zählt eine Kleinmolkerei, die mit Hilfe aus Niederösterreich vor Monaten erreichtet wurde. Sie soll die lokale Produktion ankurbeln, denn die meiste Milch wird noch immer importiert. Doch die Molkerei produziert noch immer nicht. Ein Grund sind technische Probleme mit der Abfüllanlage sowie Stromausfälle. Noch immer bestehen im Kosovo massive Stromengpässe und der eigene Generator ist defekt. Trotzdem zählt auch die Landwirtschaft zu den großen Hoffnungen:

„Die Investitionen sind sehr gering, machen sich rasch bezahlt und sind arbeitsintensiv, denn der Kosovo hat sehr viele Arbeitskräfte. Zweitens kann die Leichtindustrie zu unseren Stärken zählen, wobei man den natürlichen Reichtum ausnutzen kann, über den der Kosovo etwa bei Mineralien verfügt. Am wichtigsten ist jedoch der menschliche Faktor. Mehr als 60 Prozent unserer Bevölkerung ist jünger als 25 Jahre.“

Dieses Potential wird zunehmend genutzt, etwa in der Fabrik Balkan ebenfalls in Suva Reka. Fast 15 Jahre standen alle Räder still, ehe im Vorjahr ein türkischer Konzern das Werk übernahm. Erzeugt werden Förderbänder für die Industrie, 80 Prozent werden exportiert. Im Kosovo sind zwei Drittel der 500 Betriebe privatisiert; doch mit 1500 lokalen Mitarbeitern ist die UNO noch immer größter Arbeitgeber. Ihr Budget von 170 Millionen Euro ist wichtig für die lokale Kaufkraft; sie wird auch durch Auslands-Albanern gestärkt, ihre Zuwendungen werden auf 360 Millionen Euro pro Jahr geschätzt und sind fast halb so groß sind wie das Kosovo-Budget. Doch diese Zuwendungen schwanken und das Budget der künftigen EU-Mission wird nur mehr halb so groß sein, wie das der UNO:

„Die Verringerung der Kaufkraft, die durch die Reduktion der internationalen Institutionen entsteht, können wir durch Abkommen mit internationalen Finanzinstitutionen ausgleichen. Das wird möglich, sobald der Status gelöst ist; der Kosovo braucht Großinvestitionen.“

Denn die Infrastruktur ist noch immer schlecht und ebenso investitionsfeindlich wie Bürokratie und Korruption; sie bekam dieser Medikamentenhersteller bei Prishtina zu spüren. Obwohl fast alle Medikamente importiert werden müssen, produzieren diese Maschinen seit 18 Monaten nur mit minimaler Kapazität, weil Betriebsgenehmigung und Lizenzen Monate dauern.

„Gesetze müssen flexibler zu handhaben sein, das Steuersystem muss investitionsfreundlicher werden, die Bürokratie muss kleiner und die Korruption beseitigt werden.“

Auch im Kosovo bringen nicht „Väterchen Frost“ Reichtum und Wohlstand, sondern nur Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz, die bisher weit weniger in Sicht sind als die ersehnte Unabhängigkeit von Serbien.

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