Lage vor Kosovo-Verhandlungen
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ZiB3
Berichte Kosovo
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Wien
Insert: Albert Rohan, UNO-Verhandler
Gesamtlänge: 3’27
Die zwischen Albanern und Serben geteilte Stadt Kosovska Mitrovica ist das Symbol für die Teilung des Kosovo. Hier begannen im März 2004 Ausschreitungen albanischer Extremisten. Sie richteten sich nicht nur gegen Serben, sondern gegen die UNO-Verwaltung, die als ineffizient und überbezahlt empfunden wurde. Die Unruhen führten im Westen zur Erkenntnis, dass Gespräche über den endgültigen Status der Provinz nicht mehr vermeidbar sind. Im Oktober 2005 begannen die UNO-Vermittler, Marti Ahtisaari und Albert Rohan, schließlich mit ihrer Pendeldiplomatie zwischen dem Kosovo, Serbien und Wien.
„Wir wollten auch, dass sowohl in Belgrad und Pristhina ein größerer Realitätssinn Platz greift, dass die Albaner nicht glauben, dass die von ihnen gewünschte sofortige Unabhängigkeit ihnen in den Schoß fällt, sondern dass sie auch Kompromisse machen müssen, dass sie sich auch um die Beziehungen zu den Minderheiten, vor allem zur serbischen Minderheit bemühen müssen, und das tun sie auch. Und in Belgrad wollten wir vor allem erreichen, dass wir über konkrete Dinge sprechen können, dass die Verhandlungen auch über konkrete Themen beginnen und das wird im konkreten Fall die Dezentralisierung sein.“
Dezentralisierung ist deshalb ein heißes Eisen, weil damit der Schutz der Serben und anderer Minderheiten verbunden ist. Außerdem geht es darum, welche Rolle Belgrad künftig spielen soll. Trotzdem sind die Positionen beider Seiten nicht unüberbrückbar:
„Der Hauptunterschied ist, dass die serbische Seite eine horizontale Verbindung zwischen den Gemeinden wünscht, d.h., eine Zusammenarbeit aber in einer institutionalisierten Form, etwa eines Verbandes der serbischen Gemeinden und dass dieser Verband auch noch eine institutionalisierte Verbindung zu Serbien selbst haben soll. Und das wird von albanischer Seite irgendwie als eine Vorstufe zu einer möglichen Teilung angesehen und daher abgelehnt.“
Zu vermeiden gilt es, dass der Kosovo zu einem komplizierten und kaum finanzierbaren Staatswesen wird:
„Wir werden keiner Lösung zustimmen, die unfunktionell ist, und da haben wir ja das negative Beispiel von Bosnien, und das trifft das erste Thema, das wir beraten werden, nämlich Dezentralisierung ist ein Beispiel. Man kann nicht endlos kleine Gemeinde schaffen, weil das nicht finanzierbar ist. Also wir werden sehr wohl darauf schauen, dass wir kein frankensteinsches Monstrum schaffen, sondern ein Gemeinwesen, welches funktioniert.“
Gleichzeitig soll auch über den Schutz serbischer Kirchen, über die Rückkehr der Flüchtlinge sowie über Wirtschaftsfragen verhandelt werden. Ziel der Vermittler ist es, binnen Jahresfrist eine Grundsatzeinigung zu erzielen, wobei die Lösung mancher Fragen durchaus länger dauern kann:
„Schulden, Eigentumsrechte sind überaus kompliziert, und je tiefer man hineinblickt, desto komplizierter werden sie. Ich glaube nicht, dass wir diese Fragen vor einer Lösung regeln werden. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass hier eine Schiedsgerichtsbarkeit herangezogen wird, die längere Zeit dauert.“
Am umstrittensten ist aber die Frage der Unabhängigkeit. Sollten Serben und Albaner keinen Kompromiss finden, hält es Rohan für möglich, dass der UNO-Sicherheitsrat entscheiden muss, ob der Kosovo unabhängig wird oder nicht.