× Logo Mobil

ANA am Balkan

Fernsehen
ZiB1
Berichte Kosovo
In Südserbien und Mazedonien hat jüngst eine albanische Untergrundgruppe mit Namen Albanische Nationalarmee durch Anschläge wieder verstärkt von sich Reden gemacht. Die ANA kämpft für Großalbanien und hatte diese Woche kurzfristige sogar zwei mazedonische Dörfer in ihrer Gewalt. Unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz hat als erster westlicher Journalist Kämpfer der ANA besucht und der politischen Sprecher interviewt.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus dem Kosovo

Insert1: 0’21 ANA-Kommandant Mici (wenn Insert überhaupt nötig)

Insert2: 0’42 Alban Vjosa, ANA-Sprecher

Aufsager: 1’15 Christian Wehrschütz

Gesamtlänge: 1’36

Kämpfer der Albanischen Nationalarmee ANA bei der Ausbildung im Kosovo. Geführt wird die Truppe von Albanern, die im Kosovo, in Süd-serbien und Mazedonien kämpften und mit dem Erreichten unzufrieden sind. Das gilt nicht für die Mehrheit der Albaner. Daher ist die Rolle der ANA derzeit gering, die Waffen sind alt, weil die Diaspora kaum zahlt:

„Wir brauchen Geld und fordern von der Diaspora Unterstützung durch Geld und Waffen.“

Dafür zuständig ist dieser Mann mit Decknamen Alban Vjosa. Auch in Wien wirbt er um Unterstützung durch die Diaspora. Vjosa ist Sprecher der politi-schen Führung der ANA. Den Vorwurf, eine terroristische Organisation zu führen, weist er zurück:

„In der Uno Charta steht als erstes das Recht auf Selbstbestimmung. Im Namen dieser Selbstbestimmung wollen wir selbst über unser Schicksal bestimmen. Denn Albanien hat die merkwürdigsten Grenzen der Welt. Albanien und die Albaner sind umgeben von anderen Albanern.“

Auf der Internetseite der ANA ist Großalbanien bereits verwirklicht. In der Realität dürfte es nur dann dazu kommen, sollte die angestrebte friedliche Lösung der Albaner-Frage unter dem Dach der EU scheitern oder all zu lange dauern.

Eine sternklare Nacht bei Halbmond im Frühherbst und ein kleines knistern-des Lagerfeuer in einem Waldstück etwa 60 Kilometer westlich von Prish-tina. Auf einer Lichtung sind etwa 15 Mitglieder der Albanischen National-armee zu einer Übung angetreten. Geübt werden Bewegung im Gelände, Handgranatenwerfen und Nahkampf. Die Gruppe bezeichnet sich als Elite-einheit, die der ANA-Division Adem Jashari angehört. Ihr Kommandant mit Kampfnamen Anakonda sagt über die Zusammensetzung der ANA, der Albanischen Nationalarmee:

„Die Leute der ANA, deren Kämpfer und Offiziere gehören unterschied-lichen Kategorien an; sie sind militärisch ausgebildet, sportlich trainiert und haben Erfahrungen aus drei Kriegen auf albanischen Gebieten und aus anderen Kriegen, die auf dem Balkan stattgefunden haben.“

Gute Kondition kann und Einsatzbereitschaft kann den eher jugendlichen ANA-Mitgliedern nicht abgesprochen werden, doch alle anderen Angaben sind eher mit Vorsicht zu genießen. So besteht die Bewaffnung der gezeig-ten vermeintlichen Eliteeinheit nur aus alten Gewehren; auch Abzeichen und Uniformen machen einen eher ärmlichen Eindruck. Daher sind auch alle Angaben über die Einsatzstärke der ANA, über ihre vier Divisionen und Sondereinheiten fragwürdig. Mehr als 200 Mann dürften es derzeit wohl kaum sein, denn im Gegensatz zur UCK im Kosovo und in Mazedonien ist der Geldmangel augenscheinlich. Daher sagt auch ein anderer Kommandant mit Kampfnamen Mici:

„Wir brauchen Geld und fordern von der Diaspora Unterstützung durch Geld und Waffen.“

Doch dieses Geld fließt bisher nur spärlich, wie ein anderer Kosovo-Albaner zugibt:

„Bis jetzt haben wir noch keine Finanzierung aus der Diaspora, weil die AKSh den Leuten noch nicht so bekannt war. Bis jetzt haben wir alle Waf-fen bei unseren Aktionen von slawo-mazedonischen Leuten gesammelt.

Der Mann hat uns von Prishtina aus zum Übungsplatz geführt. Wir kennen ihn aus Wien, wo er im Gefolge von Alban Vjosa aufgetaucht ist. Vjosa ist Sprecher der politischen Führung der ANA, die unter dem Namen „Front für die Nationale Einheit der Albaner“ auftritt.

Den Vorwurf, eine terroristische Organisation zu führen, weist Vjosa zurück:

Die Tatsache, dass die ANA bis jetzt 28 Aktionen durchgeführt hat, wo praktisch kein Zivilist umgekommen ist zeigt, dass sie wie eine profes-sionelle Armee handelt und mit dem Terrorismus nichts zu tun hat.

Keine klare Antwort gibt Vjosa auf die Frage, wie Großalbanien angesichts des Widerstandes der Nachbarstaaten und der EU denn überhaupt zu ver-wirklichen sein soll:

„Zuerst die Frage der Vereinigung Albaniens ist vor allem Problem der Albaner. In der Uno Charta steht als erstes die Regel der Selbstbestimmung. Das heißt, im Namen dieser Selbstbestimmung wollen wir selbst über unser Schicksal bestimmen. Sie sehen, Albanien hat die merkwürdigsten Grenzen der Welt. Albanien und die Albaner sind umgeben von anderen Albanern. Wir verlangen das echte Albanien, wie es von Gott gegeben wurde, wo alle Albaner über sich selbst bestimmen können. Wo sie die gleiche Sprache, die gleiche Geschichte und die gleiche Kultur haben.“

Vjosa heißt eigentlich Idajet Beqiri, stammt aus Albanien und hat eine be-wegte politische Vergangenheit, die ihn auch auf die Liste der politische Verfolgten von amnesty international brachte. In Belgien erhielt er Asy. Derzeit Beqiri in ganz Europa bei der albanischen Diaspora unterwegs, um Spenden zu sammeln. Doch der Aussichten sind derzeit eher gering, weil sich die Lage der Albaner am Balkan seit den Tagen der UCK vor vier Jahren drastisch geändert hat. Im Kosovo sind derzeit eher die Serben und nicht mehr die Albaner die Opfer; in Südserben bemühen sich der Westen und Belgrad um eine eindeutige Besserung der Lage und auch in Mazedo-nien macht der Ausgleich mit den Slawen deutliche Fortschritte. Hält dieser Trend an, dürften die Spendenbereitschaft der Diaspora gering und die ANA eine Randerscheinung bleiben; das heißt nicht, dass keine weiteren An-schläge zu erwarten sind; doch das Potential für große Aktionen fehlt und das könnte auch so bleiben, sollte dem Westen und den Staaten der Region keine entscheidenden Fehler unterlaufen. Dazu zählt aber auch, dass die albanische Frage als Schlüsselfrage der Region nicht vernachlässigt wird; denn ohne deren Lösung wird eine dauerhafte Stabilität am Balkan nicht zu erreichen sein.
Facebook Facebook