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Österreichische Investitionen in Bulgarien

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Berichte Bulgarien
Von der Finanz- und Wirtschaftskrise des Jahres 2008 ist auch Bulgarien massiv getroffen worden. Die Wirtschaftsleistung bracht drastisch ein, die Arbeitslosigkeit liegt nun bei etwa zehn Prozent und die ohnehin dünne Mittelschicht verarmte wieder. Doch für dieses Jahr wird wieder ein Wirtschaftswachstum von knapp drei Prozent erwartet; auch die Exporte sollen zulegen; gering sind weiter die ausländischen Direktinvestitionen, die durch die Krise um fast 70 Prozent sanken. Zweitgrößter Investor in Bulgarien ist die österreichische Wirtschaft, die auch viel in die Infrastruktur des Balkan-Staates investiert hat, dessen Image im Westen von Korruption und Ballermann an der Schwarzmeerküste geprägt ist. Über die Lage der österreichischen Investoren berichtet aus Bulgarien unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Österreichische Unternehmen spielen vor allem in drei Sektoren der bulgarischen Wirtschaft eine große Rolle: beim Mobilfunk, bei den Versicherungen und in der Energie- und Wärmeversorgung. Bei einer Bevölkerung von knapp acht Millionen versorgt die EVN mehr als 1, 6 Millionen Kunden mit Strom und in der zweitgrößten Stadt Plovdiv auch 40.000 Kunden mit Fernwärme. Mehr als 400 Millionen Euro wurde seit 2005 in die Infrastruktur investiert. Allein die gestern in Plovdiv eröffnete Cogenerationsanlage kostete 50 Millionen Euro; sie wird durch Erdgas betrieben und erzeugt Strom und Wärme; zur weiteren EVN-Strategie in Bulgarien sagt der Sprecher des Vorstandes, Peter Layr:

"Wie auch in Niederösterreich werden wir auch in Bulgarien noch in erneuerbare Energien investieren, in Photovoltaik, in Windkraft und Wasserkraft. Im Land Bulgarien ist erst ein Drittel dieses Potentials ausgeschöpft, und es gibt noch mehrere attraktive Möglichkeiten."

Doch auch in anderen Bereichen ist der Nachholbedarf in Bulgarien enorm, denn auch 20 Jahre nach dem Ende des Kommunismus die Infrastruktur des EU-Landes unterentwickelt. Ein Beispiel nennt Andreas Maierhofer; er führt den Mobilfunkanbieter Mtel, der der Telekom Austria Gruppe gehört und Marktführer in Bulgarien ist; Andreas Maierhofer:

"Wir haben die niedrigste Internetpenetration in der EU, die liegt bei der Breitbandpenetration knapp bei 15 Prozent, der Durchschnitt in der EU liegt bei 25, 26 Prozent. Die Internetpenetration ist hier natürlich stark fokusiert in den großen Städten, und es ist wirklich noch ein langer Weg zu gehen, dass wir Zugang für die gesamte Population hier in Bulgarien schaffen und es ist mit massiven Investitionen verbunden."

Der Nachholbedarf bringt natürlich auch viele Chancen mit sich. So geben die Österreicher im Durchschnitt 1600 Euro pro Jahr für Versicherungen aus, in Bulgarien sind es gerade 106 Euro. Anders sind die Sitten auch bei der KFZ-Haftpflichtversicherung; dazu sagt Christoph Rath von der Wiener Städtischen, die durch ihre Tochter Bulstrad Marktführer in Bulgarien ist:

"Interessant oder spezifisch für Bulgarien ist, dass etwa 20 Prozent der PKWs noch nicht versichert sind, obwohl es eine Pflichtversicherung ist."

Denn die Kontrollen sind mangelhaft und die Strafen zu gering. Mangelhaft arbeiten auch die Gerichte; hinzu kommen Korruption und eine langsame Verwaltung; dazu sagt in Sofia der Vertreter der österreichischen Außenhandelsstelle, Reinhart Zimmermann:

"Vergabe von Lizenzen, Baugenehmigungen, Einreichen von Dokumenten, die entsprechend langsam bearbeitet werden. Man darf vielleicht auch nicht vergessen, dass die in der bulgarischen Verwaltung beschäftigten Personen relativ niedrige Gehälter bekommen und auch in vielen Bereichen nicht ausreichend ausgebildet sind. Und schließlich darf man nicht vergessen, dass alle wichtigen Funktionen in der Verwaltung politisch besetzt sind, und bei jeder Neuwahl kommt es zu einer völligen Neuordnung in den Ministerien, wodurch sehr viel an Wissen verloren geht."

Das Hauptproblem der ausländischen Firmen liege derzeit aber vorwiegend in der schlechten Zahlungsmoral der bulgarischen Partner, erläutert Reinhart Zimmermann von der Wirtschaftskammer in Sofia:

"So sind hier offene Forderungen zwischen 5000 bis eine Million Euro, wo wir dabei sind, ihnen zu helfen, dass sie zu diesen offenen Forderungen wieder kommen."

Trotz aller Risiken dürfte in Bulgarien nicht alles nur negativ sein. Sonst wären wohl nicht 400 Firmen aus Österreich am Markt, die seit 1995 mehr als fünf Milliarden Euro investiert haben, und nun darauf hoffen, dass der Druck der EU Wirkung zeigt, der Wirtschaftsaufschwung zurück- und politische Stabilität einkehrt. Denn seit der Wende vor 20 Jahren ist in Bulgarien noch keine Regierung bisher wiedergewählt worden.

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