Migranten-Krise in Bosnien
In der Migrationskrise hat Bosnien heute die Notbremse gezogen. Aus dem nicht winterfesten und weitgehend abgebrannten Lager Lipa im Grenzgebiet zu Kroatien, wurden die etwa 900 Insassen mit Bussen verlegt. Sie sollen nun in einer Kaserne bei Sarajewo unterkommen, während Lipa binnen vier Monaten winterfest gemacht werden soll. Gelöst ist das Problem noch nicht, weil weiter viele Migranten im Raum Bihac in unbewohnten Häusern hausen. Bosnien und Herzegowina zählt nach Angaben der IOM, der Internationalen Organisation für Migration, derzeit etwa 8000 Migranten; 5000 sind in winterfesten Unterkünften untergebracht. Doch politische Konflikte verhindern eine Verteilung der Migranten im Land, so dass heuer im Winter bereits die dritte Krise in Folge ausgebrochen ist
In Bosnien und Herzegowina gibt es bereits den dritten Winter hintereinander eine Krise bei der Unterbringung von Migranten. Dabei geht es nach Angaben der UNO um etwa 3000 Männer für geeignete Unterkünfte fehlen. Insgesamt zählt Bosnien bei 3,5 Millionen Einwohnern etwa 8.000 Migranten, von denen 5000 in winterfesten Aufnahmelagern untergebracht sind. Die Krise ist somit vor allem eine politische Krise, weil in Bosnien und Herzegowina weder die Verteilung der Migranten funktioniert, noch der politische Wille zu einer Lösung vorhanden war, obwohl das Problem seit Monaten bekannt ist. IM Zentrum steht dabei die Stadt Bihac im Norden Bosniens im Grenzgebiet zu Kroatien.
Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Bosnien und Herzegowina
Insert1: Peter Van der Auweraert, Vertreter der IOM in Bosnien
Insert2: Suhret Fazlic, Bürgermeister von Bihac
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Das Lager Lipa, 17 Kilometer von Bihac entfernt, bevölkerten bis heute Mittag noch einige hundert Migranten. Es waren nur Männer; die Mehrheit stammt aus Pakistan, Bangladesch, Afghanistan und Nordafrika. Durch Schneefall und Temperaturen unter Null waren die Lebensbedingungen menschenunwürdig. Noch schlimmer wurden sie, weil Migranten vor einigen Tagen Zelte anzündeten – möglicherweise um die Verlegung zu erzwingen, die nun in eine leere Kaserne bei Sarajewo erfolgt. Lipa hätte bereits winterfest sein sollen, doch seit April geschah nichts.
"Seit Beginn der Krise hat die EU alles finanziert um sicherzustellen, dass Migranten, solange sie in Bosnien sind, Zugang zur nötigen Hilfe haben. Die Krise, die 3000 Personen betrifft, ist das Ergebnis politischer Konflikte in Bosnien. Derzeit ist ein Konsens nicht in Sicht, obwohl das keine Geldfrage ist. Abgesehen davon sprechen wir von insgesamt 8.000 Migranten, die in einem Land mit 3,5 Millionen Einwohnern kein derart großes Thema sein sollten."
In Bosnien gibt es keine Einigung über die Verteilung der Migranten. 80 Prozent kommen über Serbien und den serbischen Landesteil von Bosnien, der sich kategorisch weigert, ein Auffanglager zu eröffnen. Bis zur Lokalwahl im Herbst bestand ein derartiges Lager in Bira in Bihac. Es könnte alle Migranten aus Lipa aufnehmen, doch die lokale Bevölkerung ist klar gegen die Wiedereröffnung; einige Bürger halten sogar vor den Toren Wache:
"Drei Jahre kämpfen die Bürger bereits mit der Migrationskrise; dabei gab es große Schäden durch die Migranten, da geht es um kleinste Straftaten bis zum Mord. Die Internationale Gemeinschaft hatte genug Zeit, Lipa herzurichten. Wir werden die Nutzung von Bira verhindern, wenn nötig mit Gewalt."
Gegen die Wiedereröffnung ist auch der Bürgermeister von Bihac:
"Die Öffnung von Bira kommt nicht in Frage, weil niemand garantieren kann, dass es im Fall der Aufnahme von 1000 Personen bei dieser Zahl bleibt. Würden wir die Öffnung zulassen, dann wäre Bira nicht voll mit den Migranten aus Lipa, sondern mit den 1000 Migranten, die sich jetzt in verlassenen Gebäuden in und um Bihac aufhalten. Hinzu kämen dann noch die Migranten aus Lipa, und noch weitere aus dem übrigen Bosnien. Diese Lage hatten wir schon einmal."
Akzeptable Unterkünfte haben in Bosnien jedenfalls Familien mit Kindern und unbegleitete Minderjährige. In ihren Lagern gibt es noch Platz für weitere Aufnahmen. Für die alleinstehenden Männer spricht die Statistik; seit Jänner 2018 kamen 70.000 Migranten nach Bosnien; derzeit sind noch 8.000 im Land; das zeigt – die Balkan-Route ist keineswegs dicht, und irgendwann wird diesen Personen der illegale Übertritt in die EU gelingen.