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Polizeigewalt statt Aufklärung des Mordes an David

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Das Schlimmste, was es für Eltern gibt, ist es wohl, ihren Kindern ins Grab nachschauen zu müssen. Dieses Schicksal traf die Familie von Damir und Susanna Dragicevic Mitte März des Vorjahres. Ihr 21-jähriger Sohn David war sechs Tage verschwunden ehe seine Leiche in Banja Luka gefunden wurde. Polizei und staatliche Medien präsentierten den Fall als den Tod eines Drogensüchtigen, der nach einem Einbruch Selbstmord beging. Daraufhin gingen die Eltern und viele Bürger auf die Barrikaden; die Proteste und die Mahnwache am Hauptplatz in Banja Luka dauerten bis zu Weihnachten. Da nutzte die Polizei des serbischen Teilstaates die Feiertage und die Abwesenheit vieler europäischer Vertreter und Journalisten, und ging brutal gegen die Mahnwache vor. In Bosnien und Herzegowina, in Wien und anderen Städten versuchen Freunde der Familie weiter, Druck auf die Führung in Banja Luka auszuüben, damit der Mordfall nicht vergessen wird. Auf Facebook bildete sich eine Gruppe, die bereits mehr als 320.000 Mitglieder zählt und „Gerechtigkeit für David“ fordert, die es bis heute allerdings nicht gibt:

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Banja Luka

Insert1: Davor Dragicevic, Davids Vater

Insert2: Dragan Lukac, Innenminister der serbischen Teilstaates von Bosnien

Insert3: Dragan Dabic, Bewohner von Banja Luka

Insert4: Ozren Perduv, Bewohner von Banja Luka

Gesamtlänge: 3’23

Diese kleine Gedenkstätte im Stadtzentrum mahnte die Bürger, das Schicksal von David Dragicevic nicht zu vergessen. Der Mord am 21-jährigen Studenten ist ungeklärt. Sein Vater hielt hier jeden Tag Wache, um die Behörden zu zwingen, Licht ins Dunkel des Todes seines Sohnes zu bringen. Weichen wollte er um keinen Preis:

"Wenn nötig, bleibe ich hier auch bis an mein Lebensende, solange meinem Sohn nicht Wahrheit und Gerechtigkeit widerfahren sind."

Auf diesem Platz fanden wiederholt Kundgebungen statt, bei denen Freunde und Aktivisten der Bewegung „Gerechtigkeit für David“ Aufklärung von Polizei und Justiz forderten, die auch dieses Mal nicht bereit waren, gegenüber dem ORF Stellung zu nehmen. Durch die Bewegung geriet zunächst auch Milorad Dodik, der starke Mann des serbischen Teilstaates unter Druck. Doch die Wahlen Mitte Oktober gewann er klar; am 25. Dezember ging die Polizei massiv gegen die Mahnwache vor, verhaftete Aktivisten, verhinderte Kundgebungen und beseitigte das Denkmal für den Studenten. Vater Damir wurde verhaftet, nach einem Tag aber wieder freigelassen. Seit dem ist er untergetaucht. In Umkehrung der Realität verkündete der Innenminister des serbischen Teilstaates:

„In diesem Staat darf keiner die Polizei angreifen, schlagen oder beschimpfen. Jeder, der das tut, wird nach dem Gesetz bestraft werden.“

Für die Mörder des Studenten gilt das offensichtlich bisher nicht.

David Dragicevic verschwand in den frühen Morgenstunden des 18. März. Nach Darstellung von Polizei und Justiz soll er in dieses Haus eingebrochen sein - nach einer Schlägerei und unter Drogeneinfluss. Als Beleg wurde das Video einer Überwachungskamera präsentiert, auf dem eine Person nur von hinten zu sehen ist. Wenig später soll David von dieser Brücke in den seichten Kanal gestürzt oder gesprungen sein. David wog etwa 70 Kilogramm und war bekleidet. Selbst wenn im März der Wasserstand höher war, stellt sich die Frage, wie der Körper zur Fundstelle kam. Sie liegt etwa 1,5 Kilometer von der Brücke entfernt an der Mündung des Kanals in den Fluss Vrbas. Hier wurde David offiziell sechs Tage nach seinem Verschwinden gefunden.

Im Zentrum von Banja Luka erinnern nur mehr Abziehbilder an die Bürgerbewegung, die ihren Kampf fortsetzen will:

„Wir werden auch ohne die Eltern weiterkämpfen; es wird immer genügend Personen dafür geben. Wir machen weiter, bis die Wahrheit ans Licht kommt.“

Treffpunkt ist mittlerweile eine Kirche im Stadtzentrum. Die Polizei griff bisher nicht ein, passiv verhielt sich bisher offenbar auch die internationale Gemeinschaft:

„Die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft besteht darin, dass sie die Ereignisse verfolgt; konkrete Schritte gegenüber unserer Regierung gibt es nicht. Doch von der Beobachtung haben wir nichts.“  

In Wien hielt am Samstag eine kleine Gruppe eine Mahnwache ab. Dabei war auch Davids Mutter. Doch ohne Druck aus Washington, Brüssel und Belgrad wird der Mord an dem Studenten wohl kaum je aufgeklärt werden.

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