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Interview zur Lage in Bosnien mit Valentin Inzko

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Berichte Bosnien
Im Herbst vor 20 Jahren endete der blutigste Balkan-Krieg der jüngsten Geschichte, der Krieg in Bosnien und Herzegowina. Seit 20 Jahren gibt es auch den Hohen Repräsentanten, der mit fast diktatorischen Sondervollmachten ausgestattet ist. Seit sechs Jahren übt dieses Amt der Österreicher Valentin Inzko aus; seine Jahre fallen bisher in eine Zeit der politischen Lähmung in Bosnien, und auch fast sechs Monate nach den Parlamentswahlen im Land der Bosniaken, Serben und Kroaten, sind noch nicht alle Regierungen dieses kleinen Landes mit seinem Gesamtstaat, seinen zwei Teilstaaten, zehn Kantonen und dem Distrikt Brcko gebildet. In Sarajewo hat unser Korrespondent Christian Wehrschütz mit Valentin Inzko über die Lage in Bosnien und Herzegowina gesprochen; hier sein Bericht:

Bosnien und Herzegowina galt über viele Jahre hinweg als Staat ohne echte Zukunft, weil die drei bestimmenden Völker, Bosniaken, Serben und Kroaten, das Trennende über die gemeinsame Zukunft stellten. Nach den katastrophalen Überschwemmungen im Vorjahr war das jedoch anders, und daher sieht der Hohe Repräsentant in Bosnien, Valentin Inzko, durchaus positive Signale was das Zusammenleben der drei Volksgruppen betrifft:

So sind seit den Wahlen im Oktober bereits sechs Monate vergangen, doch noch immer sind nicht alle Regierungen gebildet. Fraglich ist jedoch, ob dafür wirklich nationale Gegensätze oder nicht vielmehr der enorme Postenschacher verantwortlich ist, der nach jeder Wahl auch in Bosnien und Herzegowina Gang und Gebe ist. Dazu sagt Valentin Inzko:

Umstritten ist, wie stark im Land unter der islamischen Mehrheitsbevölkerung, unter den Bosniaken, der Einfluss fundamentalistischer Gruppen ist. Zweifellos begünstigt die soziale Krise derartige Strömungen, deren Bedeutung aber auch nicht überschätzt werden dürfe, betont Valentin Inzko:

Eine EU-Mitgliedschaft Bosniens liegt in weiter Ferne, der Status des Beitrittskandidaten könne aber in wenigen Jahren erreichbar sein, wenn die politischen Eliten endlich mit Reformen Ernst machen. Von ihnen wird immer stärker Eigenverantwortung gefordert, und daher werden die Sondervollmachten des hohen Repräsentanten kaum mehr eingesetzt. Aufchdie Friedenstruppe EUFOR zählt nur mehr 600 Soldaten, vor 20 Jahren waren es 60.000. Doch als Rückversicherung werden EUFOR und Hoher Repräsentant wohl noch so lange bleiben bis auch die letzten Zweifel an der Lebensfähigkeit von Bosnien und Herzegowina ausgeräumt sind.
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