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Sarajevo Filmfestival: Von den „Kriegs-Spielen“ zum regionalen Festival

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Berichte Bosnien


Im letzten, vierten Jahr der Belagerung fand im ausgebombten Sarajevo das erste Filmfestival statt. Als Zeichen des Überlebenswillens und als Kontrapunkt zum Wahnsinn des Krieges gedacht, kamen 1995 etwa 15.000 Besucher, wobei 37 Filme gezeigt wurden. 10 Jahre später, beim 11. Festival waren es bereits 100.000 Zuschauer, die etwa 170 Filme zur Auswahl hatten. Die Zahl der Filme ist auch heuer etwa gleich groß; im deutlicher entwickelt sich Sarajevo neben Belgrad zu Festival von regionaler Bedeutung, bei dem alle Länder Mittel- und Südosteuropas vertreten sind. So kämpfen in der Kategorie Spielfilm acht Streifen um das „Herz von Sarajevo“. Drunter sind je ein Spielfilm aus Ungarn, Rumänien, Serbien, Kroatien und Bosnien, sowie drei Filme unter bosnischer Federführung; diese drei Streifen sind jedoch das Produkt umfangreicher Koproduktionen, an der Produktionsfirmen aus Kroatien, Serbien, sowie Deutschland und der Schweiz beteiligt waren. Weitgehend einen schauspielerischen Querschnitt aus dem ehemaligen Jugoslawien bieten auch die Besetzungslisten.

Erleichtert wird diese wachsende Zusammenarbeit durch zwei Faktoren. Bosnjaken, Serben und Kroaten kennen keine Sprachbarrieren, und die führenden Regisseure aus Ex-Jugoslawien wurden alle noch in der Tito-Zeit sozialisiert. Dazu zählt auch Jasmila Zbanic, die für ihren Film Grbavica bei der Berlinale mit dem „Goldenen Bären“ ausgezeichnet wurde. Zbanic ist heuer Präsidentin der Jury, die „das Herz von Sarajevo“ zu vergeben hat. Für Zbanic wirkt in den meisten Filmen aus Ex-Jugoslawien noch eine gemeinsame Mentalität und Tradition nach, die jedoch mit dem Heranwachsen einer neuen Generation von Regisseuren in fünf bis 10 Jahren verblassen dürfte. Besonders positiv bewertet Zbanic die stark steigende Zahl an Koproduktionen und die wachsende Präsenz von Filmen aus dem ehemaligen Jugoslawien in Sarajevo. So sind allein fünf Streifen aus Serbien vertreten. Und der Film „Sieben ein Halb“ feierte in Sarajevo sogar seine Premiere. Dem schwarzen Humor verbunden, thematisiert der Film die sieben Todsünden am Beispiel Belgrader Durchschnittsbürger. Diese Filme und die Anwesenheit von Regisseuren und Schauspielern aus Serbien betrachtet Zbanic auch als einen Beitrag zur Aussöhnung.

Hinzu kommt, dass Filme aus der Region auch einen Beitrag zur Aufarbeitung der jüngsten blutigen Vergangenheit leisten. Dazu zählt Zabnics Film Grbavica selbst. Er schildert den Konflikt, einer Mutter mit ihrer Tochter im Bezirk Grbavica in Sarajevo. Die Mutter wurde im Krieg von einem serbischen Soldaten vergewaltigt und schwanger, hat diese Tatsache jedoch ihrer Tochter verheimlicht. In Belgrad erntete der Film bei den Festspielen viel Applaus, im serbischen Teil Bosniens wurde der Film jedoch in keinem Kino gezeigt. Verbreitet wurde er nur über Raubkopien. Das wirkt zwar der Manipulation entgegen, doch Piraterie ist ein enormes Problem nicht nur für das Filmschaffen in Bosnien. Zwar ist der Andrang beim Festival groß, doch ansonsten sind die Zuschauerzahlen gering. Kinokarten kosten zwischen zwei und drei Euro pro Person, während eine Raubkopie in Sarajevo um denselben Preis zu haben ist. Um junges Publikum wird beim Festival daher besonders geworben. Für Kinder und Jugendliche besteht ein eigenes Programm; und Jugendliche haben sogar eine eigene Jury, die mit Schauspielern diskutiert und den besten Jugendfilm prämiert. Doch gerade das Jugendprogramm zeigt, wie stark die Folgen des Krieges noch präsent sind. So ist vor jedem Spielfilm beim Festival, ein Film zu sehen, der über die Gefahr von Minen informiert. Derartige Filme werden wohl auch bei den kommenden Festspielen unverzichtbar sein, denn sogar in der Umgebung von Sarajevo ist die Minengefahr noch nicht völlig gebannt.

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