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Weiterer Rückschlag für Bosniens Annäherung an die EU

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Berichte Bosnien
Die ehemalige jugoslawischen Teilrepublik Bosnien und Herzegowina hat auf ihrem Weg Richtung EU neuerlich einen Rückschlag erlitten. So scheiterte gestern in Brüssel unter Führung der EU ein weiterer Versuch, das komplizierte Staatswesen zu reformieren. Nötig ist das auch wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, das vor mittlerweile bereits vier Jahren Teile des bosnischen Wahlrechts für menschenrechtswidrig erklärt hat. Wird kein Kompromiss gefunden, stehen auch die Wahlen in Bosnien und Herzegowina im kommenden Jahr auf dem Spiel. Aus Sarajewo berichtet Christian Wehrschütz:

In Bosnien und Herzegowina gibt es drei dominante Völker – die muslimischen Bosniaken, die Serben und die Kroaten. Bisher war es so, dass für das Staatspräsidium, nur je ein Mitglied dieser drei Völker wählbar war. Dagegen klagten vor vier Jahren ein Jude und ein Rom erfolgreich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Eine Einigung auf ein neues Wahlrecht scheiterte gestern in Brüssel trotz Vermittlung der EU. Grund dafür ist weniger die Integration der Minderheiten in das Wahlsystem; vielmehr geht es um die Angst der Kroaten, als kleinstes Staatsvolk von den Bosniaken majorisiert zu werden. Beide bilden einen Teilstaat, während die Serben einen eigenen Teilstaat haben. Doch im Teilstaat der Kroaten und Bosniaken, haben bosniakische Stimmen bereits zwei Mal zur Wahl eines kroatischen Mitglieds in das Staatspräsidium geführt, den die kroatischen Parteien nicht als ihren Vertreter akzeptieren. Die Unzufriedenheit der Völker fast die hochrangige bosnisch-serbische Politikern Dusanka Majkic so zusammen:

Die Kroaten sind unzufrieden, weil sie glauben, dass sie nicht gleichberechtigt sind; die Serben, weil sie glauben dass dieser Staat nur den Bosniaken entspricht; und die Bosniaken sind unzufrieden, weil sie als zahlenmäßig stärksten Volk dafür sind, dass es nach dem Prinzip ein Bürger – eine Stimme geht. Das sind drei entgegengesetzte Seiten. Auf diese Weise kann Bosnien und Herzegowina nicht dauerhaft bestehen.“

Viel Zeit hat Bosnien nicht mehr; im Herbst nächsten Jahres stehen Neuwahlen an, für die es ein neues Wahlrecht braucht. Ohne Kompromiss droht das Land in die schwerste Staatskrise seit dem Ende des Krieges vor 18 Jahren zu schlittern.

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