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Bildung als Mittel zur Trennung oder Integration

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Berichte Bosnien
15 Jahre nach dem Ende des Krieges in Bosnien und Herzegowina bestehen noch immer Zweifel, dass der gemeinsam Staat der Bosniaken, Serben und Kroaten lebensfähig ist. Dabei gibt es auch durchaus positive Beispiele. Dazu zählt der multiethnische Kindergarten des evangelischen Diakoniewerks in Mostar, der neben behinderten Kindern auch Kinder aus allen drei Volksgruppen umfasst. Der Kindergarten besteht schon seit zehn Jahren und ist bis heute de facto die einzige Institution auf dem Bildungssektor, die in der Stadt am Fluss Neretva wirklich multiethnisch ist. Aus Mostar berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz

Vor dem Krieg war Mostar das Muster für das Zusammenleben zwischen Serben, Kroaten und Bosniaken. Nun gibt es kaum mehr Serben, und die beiden anderen Völker wachsen politisch mehr schlecht als recht zusammen. Selbst Mostars Wahrzeichen, die Brücke aus osmanischer Zeit, ist zwar eine Touristenattraktion aber kein völkerverbindendes Element. Diese Rolle spielt der Kindergarten „Sonnenbrücke“, und für die meisten Eltern ist diese Tatsache der Grund, warum sie sich für diesen Kindergarten entschieden haben. Multiethnisch heißt, dass Muslime sowie katholische und orthodoxe Christen unter einem Dach zusammenleben. Auch darauf wird Rücksicht genommen, wobei hier anders als in den ethnisch getrennten Gemeindekindergärten nicht gebetet wird. Dazu sagt Biljana Celan, die Direktorin des Kindergartens:

"Wir bringen den Kindern alle religiösen Feiertage in einer Art nahe, die ihrem Alter entspricht. Das gilt etwa für den islamischen Bajram sowie für das katholische und orthodoxe Weihnachtsfest. Wir lehren die Kinder, dass man an diesen Tagen einander gratuliert und dass sie diese Tage der jeweils anderen Kinder achten."

Diese wechselseitige Achtung wird in Mostar auf dem Gebiet der Bildung viel zu wenig gepflogen. So ist das ehemalige K. und K. Gymnasium die einzige Schule, in der Kroaten und Bosniaken bislang unter einem Dach wenn auch in getrennten Klassen unterrichtet werden. Somit verstärkten die Schulen die Spaltung der Völker auch noch 16 Jahre nach dem Krieg anstatt das Zusammenleben in Bosnien und Herzegowina zu fördern, und gerade das macht Projekte wie den Kindergarten „Sonnenbrücke“ in Mostar so wertvoll.

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