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Massiver Wahlbetrug in Bosnien und Herzegowina ?

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Berichte Bosnien
Am dritten Oktober, vor mehr als einer Woche, fanden in Bosnien und Herzegowina allgemeine Wahlen statt. Gewählt wurde auch das oberste Staatsorgan, das sogenannte Staatspräsidium. Es besteht aus drei Mitgliedern, je einem muslimischen Bosnjaken, einem Serben und einem Kroaten. Bei dieser Wahl bestehen jedoch massive Zweifel, ob der Sieg in zwei Fällen nicht durch Wahlbetrug zustande kam. Denn die Zahl der ungültigen Stimmen ist derart hoch, dass sie das Ergebnis der Wahl für das Staatspräsidium in Bosnien und Herzegowina eindeutig beeinflussen könnten. Aus Belgrad berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Bei den Wahlen in Bosnien und Herzegowina waren 3,1 Millionen Bürger wahlberechtigt. Im größeren der beiden Landesteile, der bosniakisch-kroatischen Föderation, waren es 1,9 Millionen; im serbischen Landesteil, der Republika Srpska, 1,1 Millionen Wahlberechtigte. Die drei Mitglieder des Staatspräsidiums werden folgendermaßen gewählt: das bosniakische und kroatische Mitglied in der Föderation, der serbische Vertreter in der Republika Srpska. Für das serbische Mitglied gab es drei Kandidaten; doch nur Amtsinhaber Nebojsa Radmanovic und der ehemalige bosnische Außenminister, Mladen Ivanic, hatten ernsthafte Chancen. Nach dem vorläufigen Endergebnis entfielen auf Radmanovic 286.700 Stimmen, während Ivanic 271.000 Stimmen erreichte. Der Unterschied beträgt somit weniger als 17.000 Stimmen. Ungültig gewertet wurden jedoch mehr als 60.600 Stimmen; das entspricht dem Dreifachen der Differenz zwischen Erstem und Zweiten und fast zehn Prozent aller abgegeben Stimmen. Der Verdacht des Wahlbetrugs liegt somit nahe. Verstärkt wird dieser Verdacht durch Hinweise aus der Zeit des Wahlkampfs; sie erläutert der Vorsitzende des bosnischen Zweigs der Nicht-Regierungsorganisation, Transparency International, Srdjan Blagovcanin

„Bereits vor der Wahl gab es Gerüchte, dass einzelne Parteien Plätze für Wahlbeisitzer in Wahlkommissionen gekauft haben. Doch nicht nur von einem Handel über Wahlbeisitzer, sondern auch von einem Handel mit Plätzen für Wahlbeobachter war die Rede. Mit Beispielen sind einzelne Parteien an die Öffentlichkeit gegangen, doch eine Reaktion der zuständigen Staatsorgane blieb aus. Doch es stellt sich die Frage: warum wollten sich politische Parteien so viele Sitze wie möglich in den Wahlkommissionen sichern. Nun können wir wohl sagen, dass das mit dem Ziel geschah, um durch verbotene Mittel ein besseres Wahlergebnis zu erzielen.“

Mladen Ivanic, der unterlegene Bewerber, hat das Wahlergebnis jedenfalls nicht anerkannt. Gleiches gilt für Fahrudin Radoncic, den Zweitplazierten für den bosnjakischen Sitz im Staatspräsidium. Radoncic liegt weniger als 18.000 Stimmen hinter dem Sieger Bakir Izetbegovic, doch es gibt mehr als 70.000 ungültige Stimmen; das sind mehr als sieben Prozent aller Stimmen, die bei der Wahl zum Staatspräsidium in diesem größeren Landesteil abgegeben wurden.

Auch bei den übrigen Wahlen zu den diversen Parlamenten in Bosnien und Herzegowina sind durchschnittlich mehr als fünf Prozent ungültiger Stimmen zu verzeichnen. Hoch war deren Anteil bereits vor vier Jahren, doch damals geschah nichts. Von Amtswegen kann die zentrale Wahlkommission in Sarajewo berechtigte Zweifel am regulären Ablauf der Wahl selbst prüfen. Das tut sie derzeit hoffentlich sehr gewissenhaft. Wenn schon die Medien in Bosnien ausgesprochen parteiisch waren, und die Parteien im Wahlkampf alle möglichen Mittel einsetzten, sollte wenigstens der Wahlgang selbst über alle Zweifel erhaben sein. Denn das Verhältnis zwischen Serben und Bosniaken ist ohnedies gespannt, und auch das Verhältnis zwischen Bosniaken und Kroaten könnte viel besser sein. Zusätzliche Spannungen durch Zweifel an der Legitimität der Wahl kann das Land daher wahrlich nicht brauchen.

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