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Kardinal Vinko Puljic zur Lage der Kirche in Bosnien

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In Bosnien und Herzegowina finden am kommenden Sonntag allgemeine Wahlen statt. Das lenkt die Aufmerksamkeit wieder etwas stärker auf diesen Nachfolgestaat Jugoslawiens. Neben Bosniaken und Serben leben dort als kleinste Volksgruppe die Kroaten. Mit ihrem katholischen Oberhirten Kardinal Vinko Puljic hat in Sarajewo unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz über die Situation der katholischen Kirche und die Lage der Kroaten gesprochen; hier sein Bericht:

Etwa 320 Geistliche, davon die Hälfte Franziskaner, zählt die Katholische Kirche in Bosnien und Herzegowina. Sie ist de facto die Kirche der Kroaten. Diese Minderheitenposition merkt man deutlich in Sarajewo, das seit dem Krieg seinen multiethnischen Charakter weitgehend verloren hat und von den moslemischen Bosniaken dominiert wird. Mit dem Verhalten der Stadtverwaltung ist Kardinal Vinko Puljic jedenfalls nicht zufrieden:

„Vor 14 Jahren haben wir um den Bau einer Kirche in Grbavica angesucht, doch noch immer haben wir die Baugenehmigung nicht bekommen. Alles findet in einem Keller statt, in einem Gebäude, das eine Mechaniker-Werkstatt war und nun ist die Kirche unten in der ehemaligen Garage. Das ist ein Zeichen dafür, wie schwer Gleichberechtigung an einem Ort ist, wo man in der Minderheit ist.“

Positiv bewertet der Kardinal dagegen die Zusammenarbeit mit Judentum, Orthodoxie und Islam. Gemeinsam habe man das Gesetz über religiöse Freiheiten und Pflichten erarbeitet und auch die Religionsbücher überarbeitet. Alle Religionslehrer bezahlt der Staat, der Unterricht selbst ist ein Freigegenstand; dazu sagt Vinko Puljic:

„Wo es in einer Schule mindestens sieben Schüler gibt, wird der Religionsunterricht abgehalten. Darunter hat das Kind zwar auch das Recht auf eine Schulnote, doch die erteilt der örtliche Priester, der in der Pfarre den Religionsunterricht durchführt.“

Vor dem Krieg lebten etwa 800.000 Kroaten in Bosnien und Herzegowina; diese Zahl hat sich 15 Jahre später praktisch halbiert. Die Existenz der Volksgruppe und ihrer Kirche sei schwierig; so habe etwa der Staat bisher kein Eigentum zurückgegeben, das von den Kommunisten in Jugoslawien zwangsverstaatlicht worden sei, kritisiert der Kardinal.

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