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Neuer Reformvorstoß in Bosnien durch EU und USA

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Berichte Bosnien
Es gibt Einladungen, die man einfach nicht ausschließen kann – und eine derartige Einladung haben EU und USA an acht führende Politiker aus Bosnien und Herzegowina ausgesprochen. Diese Acht, drei Bosnjaken, zwei Kroaten und drei Serben werden heute in Sarajewo und dem schwedischen Außenminister Carl Bild, mit dem Hohen Bosnien-Beauftragten Valentin Inzko und mit dem stellvertretenden US-Außenminister James Steinberg zusammentreffen. Ziel ist es, den Reformstillstand und die wachsenden politischen Konflikte in Bosnien zu überwinden. Über die Lage in Bosnien und über die Ziele der Konferenz berichtet unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz:

Der fünfte Oktober markierte in Bosnien-Herzegowina einen traurigen Jahrestag. Denn seit einem Jahr ist Mostar, die Provinzhauptstadt der Herzegowina, ohne Bürgermeister. Grund dafür ist der Konflikt zwischen kroatischen und bosnjakischen Lokalpolitikern, die sich auf keinen Bürgermeister einigen können. Doch auch zwischen Bosnjaken und Serben ist die Stimmung schlecht. Die politische Führung des serbischen Teilstaates stellt immer offener den Gesamtstaat in Frage; dafür stimmten die Bosnajken im Parlament des Gesamtstaates gegen soziale Einschnitte bei den Veteranen; dieser Beschluss könnte den Staat in den Bankrott führen, weil an Einsparungen die Finanzhilfe des Internationalen Währungsfonds gebunden ist. Die Lage im Land, beschreibt der Hohe internationale Bosnien-Beauftrage, Valentin Inzko, so:

"Die letzten drei Jahre gab es eigentlich sehr viel Stillstand, und die EU und die USA sind über den gegenwärtigen Stillstand und über die Blockaden in vielen Reformbereichen in Bosnien und Herzegowina sehr besorgt. Und das Land riskiert zurzeit hinter die anderen Länder in der Region zurück zu fallen, deshalb ist diese Konferenz sehr wichtig."

Bei dieser heutigen Konferenz werden EU und USA den Politikern der Bosnjaken, Kroaten und Serben klare Vorstellungen über die Reform des monströsen Staatswesens präsentieren. So gibt es in einem Land mit vier Millionen Einwohnern zwei Teilstaaten und zehn Kantone mit mehr als 120 Ministern, zwölf Regierungschefs und 550 Abgeordneten. Dieses Gebilde erweist sich als immer unfähiger, den Weg Richtung NATO und EU zu gehen. Bosnien wird auch bei der Visa-Liberalisierung hinten bleiben, die ab erstem Jänner Serbien, Mazedonien und Montenegro für den Schengen-Raum erhalten werden. Zu den Zielen der heutigen Konferenz zählt Valentin Inzko daher:

"Es geht sicher darum, aus Bosnien und Herzegowina einen besser funktionierenden Staat zu machen, einen leistungsfähigeren Staat, und natürlich auch Bosnien heranzuführen an die EU und an die NATO, an diese Beitrittsprogramme. Das werden so die zwei Stoßrichtungen sein: der besser funktionierende Staat und die Heranführung an EU und NATO."

Im Zuge dieser Heranführung soll auch Inzkos Amt als Hoher Beauftragter in eine Art EU-Sonderbeauftragten mit weniger Vollmachten umgewandelt werden. Zu den Bedingungen, die Bosnien für diese Umwandlung erfüllen muss, zählt die Aufteilung des Staatseigentums. Doch auch dabei ist Bosnien säumig, und Inzko ergriff selbst die Initiative:

"Ich habe deshalb selbst eine Arbeitsgruppe eingesetzt, und dieses Team von etwa 20 Personen ist jetzt bereits draußen und besucht die Grundbücher, die Gerichte und versucht, diese Inventur selber vorzunehmen, und da sind wir jetzt auf gutem Wege, diese Liste zu erstellen. Es geht etwas schwieriger im Norden oben, in der Republika Srpska, aber auch dort haben wir schon gute Resultate, und es geht besser in der Föderation, aber dadurch wäre auch eine dieser Bedingungen erfüllt."

Die Entscheidung über die Umwandlung des Büros des Hohen Bosnien-Beauftragten soll Mitte November fallen. Kommt es nicht zur Umwandlung, wäre Bosnien das erste Land der Welt, das als internationales Protektorat ab erstem Jänner als nichtständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat vertreten ist. Denn 2010 ist ein Wahljahr in Bosnien, und daher ist der November-Termin die letzte Chance für die Umwandlung, die vor allem von der EU gewollt wird.

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