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Bosnien hat gewählt

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Berichte Bosnien
In Bosnien haben die Wahlen der Staatsorgane und der Parlamente einen Rückschlag für die pro-europäischen Parteien gebracht. Eindeutige Sieger sind die nationalistischen Parteien der Kroaten, Serben und Bosniaken. Sie haben die meisten Stimmen erhalten, während die reformorientierten Kräfte eine klare Niederlage erlitten. Aus Sarajevo berichtet Christian Wehrschütz

Die nationalistischen Parteien der Kroaten, Serben und Bosniaken haben nicht nur die Wahl zum drei Personen umfassenden Staatspräsidium gewonnen. Auch bei der Wahl des Gesamt-parlaments und der Parlamente der beiden Teilstaaten schnitten sie am besten ab. Klar ge-schlagen wurden die reformorientierten Sozialdemokraten, die bisher stärkste Kraft in der Mehrparteienkoalition. Die Wahlkommission hat noch keine Mandatszahlen bekannt gege-ben. Daher ist unklar, ob die Reformer noch stark genug sind, um im Gesamtstaat wieder eine Regierung bilden zu können. Das gilt auch für die beiden Teilstaaten, die bosniakisch-kroa-tische Föderation sowie die serbische Teilrepublik. Koalitionen gegen die Nationalisten, so sie möglich sind, werden wieder aus mehreren Parteien bestehen müssen und daher schwerfällig sein. Der hohe Bosnien-Repräsentant, der Brite Paddy Ashdown, wertete die Wahl als Zei-chen des Protests doch nicht als Rückschritt; noch knapp vor der Wahl hatte Ashdown von einer Wahl zwischen Reform und Scheitern gesprochen. Gescheitert sind Reformen und der Westen jedenfalls an der Wahlbeteiligung. Sie war mit 54 Prozent die niedrigste seit Kriegs-ende, ist mitverantwortlich für den Erfolg der Nationalisten und ein klares Zeichen des Miß-trauens, der Wahlmüdigkeit und des verbreiteten Pessimismus. Das Zusammenwachsen und die Reform Bosniens sowie sein Weg nach Europa wird nun wohl noch länger dauern.
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