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20 Jahre Bauern helfen Bauern in Bosnien

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Berichte Bosnien
Die Salzburger Hilfsorganisation „Bauern helfen Bauern“ feiert in diesen Tagen den 20. Jahrestag ihres Bestehens. Gegründet während des Kriegs in Kroatien von Doraja Eberle verlagerte sich der Schwerpunkt der Hilfe schließlich nach Bosnien und Herzegowina, das durch von den Zerfallskriegen im ehemaligen Jugoslawien am stärksten betroffen war. Beeindruckend ist die Leistungsbilanz der vergangenen 20 Jahre. 28 Dörfer wurden in Bosnien wieder aufgebaut; 1000 Häuser, davon 450 im Raum Srebrenica wurden durch Spenden finanziert, mehr als 30.000 Tonnen an Sachgütern und Lebensmitteln wurden transportiert. Ziel der Hilfsorganisation war Nachhaltigkeit, sprich die Möglichkeit, durch Hilfe zur Selbsthilfe Vertriebenen nicht nur die Rückkehr, sondern auch ein selbständige Existenz zu ermöglichen. „Wir geben die Angel und nicht den Fisch“, lautet das Motto von Doraja Eberle; sie hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz im Raum Srebrenica begleitet, wo sich das Massaker an mehr als 7.000 Bosniaken dieser Tage zum 17. Mal jährt.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Bosnien und Herzegowina

Insert1: Mehmetalija Kamenica, Bosniakischer Rückkehrer

Insert2: Doraja Eberle, Gründerin von „Bauern helfen Bauern“

Insert3: Danka Tomic, Tanzlehrerin in Srebrenica

Insert4: Selma Durakovic, Schülerin

Insert5: Doraja Eberle, Gründerin von „Bauern helfen Bauern“

Gesamtlänge: 4‘03

Srebrenica ist vor allem durch die Gedenkstätte für die Opfer des Massakers international bekannt; mehr als 6.000 Personen wurden bereits identifiziert, bei weiteren 900 steht das Verfahren vor dem Abschluss. Wie sehr der Krieg die Region getroffen hat, zeigt auch dieses Denkmal beim Dorf Jaglici; 23 Bewohner kamen zwischen 1992 und 1995 um. Vor dem Krieg lebten in Jaglici 21 Familien, nun sind es vier. Vor drei Jahren zurückgekehrt ist Mehmetalija Kamenica mit seiner Familie. Ermöglicht hat ihnen dieses neue Leben in der alten Heimat die Hilfsorganisation „Bauern helfen Bauern“:

„Das, was wir anpflanzen, nutzen wir mehrheitlich für unsere Bedürfnisse. Kartoffel und Mais, den verwenden wir vor allem für unser Vieh, ebenso das Heu. Mehl kaufen wir, soweit es möglich ist; das Heizmaterial liefert uns der Wald; der Winter war schwer, im Haus war es etwas unangenehm, vor allem für die kleinen Kinder, doch wir haben standgehalten. Ich bin zufrieden und vor allem mit „Bauern helfen Bauern“.

Die Gründerin der Organisation, Doraja Eberle, wird auch in diesem Dorf äußerst geschätzt. Wegen der lebensnahen und effizienten Hilfe genießt „Bauern helfen Bauern“ einen ausgezeichneten Ruf. Durch Spenden finanziert wurden nicht nur vier Häuser, sondern auch die landwirtschaftliche Grundausstattung vom Vieh über das Saatgut bis zum Kleintraktor. Der gelernten Sozialarbeiterin geht es vor allem um Aussöhnung:

„Wir bringen schwangere Kühe hierher; ich schenke die Kuh einem Bosniaken, und sage, ich schenke Dir die Kuh aber nur, wenn Du das Kalb einer ethnisch anderen Gruppe schenkst, nämlich dem, der Dir auch so viel Leid angetan hat. Das kann ich nicht, das ist das aller erste, was er sagt; dann sage ich, wir begleiten dich; wir haben 192 Kühe herunter gebracht, vor allem in die Gegend von Banja Luka. Ich habe nicht einmal erlebt, dass es nicht funktioniert hat.“

Der Aussöhnung dient auch die Musikschule, die „Bauern helfen Bauern“ in Srebrenica finanziert. Mehr als 30 Kindern wird hier ein vielfältiges Programm geboten, das Bosniaken wie Serben zusammenführt:

„Zwischen den Kindern besteht kein Unterschied; sie wollen tanzen, musizieren, sich unterhalten; das ist hier eine Art Abbau von überschüssiger Energie; denn in Srebrenica gibt es nicht viele kulturelle Ereignisse, es gibt kein Theater, keinen Zoo. Diese Musikschule ist ein Volltreffer.“

So positiv diese Musikschule ist, so ernüchternd wirken Aussagen von Schülern, wenn man sie nach ihrer Perspektive fragt. Diese 13-jährige will einmal Jus studieren, doch in Srebrenica sieht sie keine Zukunft:

„Arbeiten möchte ich im Ausland. Denn in Bosnien gibt es nur wenige Arbeitsplätze und daher möchte ich dort arbeiten.“

Srebrenica zählt etwa 7.000 Einwohner, 3000 Bosniaken und 4000 Serben, jeder Fünfte ist arbeitslos. Große Hoffnungen setzt die Stadt auf den Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Heilbades; sein Wasser wurde im 19. Jahrhundert in ganz Europa verkauft. Doch noch fehlen Hotels und das nötig Geld, um aus der Stadt mehr zu machen als ein Mahnmal für ein Massaker. Dieser Probleme ist sich Doraja Eberle bewusst. Sie will daher verstärkt in die Ausbildung investieren:

„Unsere Strategie ist es, Stipendien außerhalb von Srebrenica zu finanzieren, damit die Jugendlichen eines Tages wieder mit etwas in ihrem Rucksack, in ihrer Tasche, wieder nach Hause kommen können, um es den anderen weiter zu geben.“

Doch auch die beste Hilfsorganisation kann die politische Krise nicht beseitigen, die Bosnien und Herzegowina seit Jahren lähmt; trotzdem bleibt die Tatsache bestehen, dass „Bauern helfen Bauern“ vielen Menschen die Hoffnung auf ein besseres Leben zurückgegeben hat.

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