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Bosnien von Dayton Richtung EU und NATO

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Berichte Bosnien
Gestern haben in Bosnien und Herzegowina allgemeine Wahlen stattgefunden. Dabei gab es auch positive Signale. So haben die muslimischen Bosniaken Politiker, abgewählt die gegen jeden Ausgleich mit den bosnischen Serben waren. Andererseits konnten im serbischen Teilstaat die Nationalisten ihre dominante Stellung behaupten. Der Dauerkonflikt zwischen Bosniaken, Serben und Kroaten um die Reform des monströsen Staatswesens lähmte Bosnien die vergangenen vier Jahre. Seine Basis ist der Friedensvertrag von Dayton; 1995 beendete er den Krieg, schuf aber einen kaum lebensfähigen Staat, der vom internationalen Bosnien-Beauftragten bisher zusammengehalten wurde. Fraglich ist, ob bei den Wahlen gemäßigte Kräfte ausreichend gestärkt wurden, um die Blockade zu überwinden, die auch die EU-Annäherung massiv erschwert.

Berichtsinsert: Christian Wehrschütz aus Bosnien und Herzegowina

Insert1: Valentin Inzko, Hoher Bosnien-Beauftragter

Insert2: Milorad Dodik, Gewählter Präsident der Republika Srpska

Gesamtlänge: 2’36

Allein die vielen Stimmzettel zeigen, wie kompliziert das Zusammenleben zwischen muslimischen Bosniaken, Serben und Kroaten 15 Jahre nach Kriegsende noch immer ist. Doch die vielen Institutionen funktionieren nur schlecht. So war die Stadt Mostar ein Jahr ohne Bürgermeister, weil Kroaten und Bosniaken keinen Kompromiss fanden. Srebrenica ist dagegen das Symbol für das belastete Verhältnis zwischen Bosniaken und Serben. Den Mord an 7.000 Bosniaken hat der starke Mann der bosnischen Serben, Milorad Dodik, nicht als Völkermord anerkannt. Haris Silajdzic, bosniakisches Mitglied im Staatspräsidium, forderte vehement die Auflösung des serbischen Teilstaates, der Republika Srpska. Gestern wurde er abgewählt; Bakir Izetbegovic, ein gemäßigtere Politiker ist sein Nachfolger:

„Dr. Silajdzic hat große Verdienste für Bosnien und Herzegowina. Er war auch während des Krieges Außenminister. Dennoch war er für die Serben ein rotes Tuch, vor allem für Milorad Dodik. Jetzt haben wir Bakir Izetbegovic an der Staatsspitze, und er hat bereits ausdrücklich gesagt, dass er bereit sei, mit der Partei von Milorad Dodik zusammenzuarbeiten.“

Auch Valentin Inzko ist ein beliebtes Feindbild der Serben; seine Vollmachten als Bosnien-Beauftragter konnte er nicht oft nutzen, weil die internationale Gemeinschaft uneinig ist. Hinzu kommt, dass die Friedenstruppe EUFOR nur mehr 2.000 Soldaten zählt. Österreich stellt das stärkste Kontingent; immer mehr Staaten ziehen ab, die Schlagkraft wird immer geringer. Diese Schwächen nutzt Dodik, der gestern zum Präsidenten der Republika Srpska gewählt wurde. Im Wahlkampf befürwortete er die Auflösung des Staates:

„Bosnien ist ein unmögliches Land, könnte aber in schwacher Form bestehen bleiben. Viel effizienter wäre es, wenn wir uns friedlich trennen, dass die Republika Srpska und die bosniakisch-kroatische Föderation ihrer Wege gehen. Niemand wird irgendwelche Mauern wieder errichten, möglich sind eine Zoll- und Währungsunion.“

Ob Dodik nun bereit sein wird, mit den gemäßigten Politikern zusammenzuarbeiten, die bei Bosniaken und Kroaten die Wahl gewonnen haben, ist offen. Auf dem Weg Richtung EU hat Bosnien bereits Jahre verloren, und die EU hat noch keine Lösung für den bosnischen Knoten gefunden.

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