Interview mit Miroslav Lajcak über Bosnien nach Radovan Karadzic
Fernsehen
ZiB2
Berichte Bosnien
Beirchtsinsert: Christian Wehrschütz aus Sarajevo
Inserts: Miroslav Lajcak, Hoher Repräsentant der EU in Bosnien
Gesamtlänge: 2‘17
In Bosnien ist die Erregung über Radovan Karadzic der Sommerhitze gewichen. Heiß wird es den Bosniern aber auch wegen der Teuerungsrate von etwa 10 Prozent; sie ist fast doppelt so hoch wie im Vorjahr. Bei einem Durchschnittslohn von 365 Euro spürt man die Preise. Am Markt kosten ein Kilo Tomaten 75 Cent und ein Kilo Paprika einen Euro. Etwa gleichviel kosten im Supermarkt Milch und Brot. Obwohl die Alltagssorgen dominieren, sind nationalistische Gefühle immer entflammbar; damit gespielt haben die Politiker auch im Fall Karadzic:
„Es kam zu Verbalattacken zwischen bosnjakischen und serbischen Führern, der Friedensvertrag von Dayton und der Staat wurden angegriffen; alles in allem war das eine versäumte Gelegenheit zur Aussöhnung, die so wichtig ist, damit das Land Fortschritte machen kann."
Auch die Stadt Mostar zeigte, wie geteilt das Land ist, und zwar beim Fußball-EM-Spiel Kroatien – Türkei. Die bosnischen Kroaten hielten für Kroatien, die Bosnjaken für die Türkei. Nach der Niederlage Kroatiens musste die Polizei mit einem Großaufgebot einschreiten, um Anhänger zu trennen. Diese Ausschreitungen folgen einem Muster:
" Die Mehrheitsbevölkerung ignoriert die Minderheit, darüber beklagt sich die Minderheit; doch wo es etwa Fifty - Fifty steht, trennen sie sich, weil sie nicht zusammen sein wollen. Diesem Muster folgen alle Parteien und alle drei Völker, und das ist sehr gefährlich für die Zukunft dieses Landes."
Sie sehen immerhin mehr als 80 Prozent der Bosnier in der EU. Und ein wichtiger Vertrag über die Annäherung wurde jüngst zwischen Sarajewo und Brüssel unterzeichnet,
„Jetzt müssen alle Politiker nicht nur mit Worten sondern auch mit Taten jene 30 Aufgaben aus dem Vertrag umsetzen. Dabei ist bisher nicht viel geschehen, während in den Zeitungen bereits spekuliert wird, ob Bosnien nicht bereits den EU-Beitrittsantrag stellen soll. Das völlig unseriös. Das ist ein sehr schlechtes Verständnis der EU-Integration, denn allen muss klar sein, dass man viel arbeiten muss, wenn man erfolgreich sein will."
Bis zu dieser Erkenntnis und bis zur EU ist der Weg in Bosnien noch weit.