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Der Kampf um die EU Perspektive des Westbalkans

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„Drei Musketiere und eine Schildkröte“

„Wir sind die drei Musketiere – Einer für alle, alle für einen!“ sagte Außenminister Alexander Schallenberg gestern in Tirana bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit den Außenministern Tschechiens und Sloweniens zur albanischen Außenministerin Olta Xhacka. Die Pressekonferenz fand im Garten des albanischen Außenministeriums statt; zum Schluss der Pressekonferenz spazierte eine Schildkröte durch das Gras vor dem Tisch, an dem die vier Personen saßen. Das Gelächter vor allem der Journalisten war groß, denn ein besseres Symbol für den Kriechgang, in dem die EU-Annäherung des Westbalkans abläuft, kann der Zufall einem Kameramann eigentlich nicht bescheren.

Den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Nord-Mazedonien und Albanien empfiehlt die EU-Kommission bereits seit vielen Jahren; formell beschlossen ihn die 27-EU-Staaten zu Beginn der Corona-Krise im Frühling des Vorjahres nach zweimaliger Verschiebung, die vor allem Frankreich und die Niederlande erzwangen. Nun stellt sich die Frage, ob unter der portugiesischen EU-Präsidentschaft endlich auch die formelle Eröffnung durch eine Regierungskonferenz stattfinden wird. Die Chancen dafür haben sich seit Herbst vor allem für Nord-Mazedonien verschlechtert; nach der mühevollen Beilegung des Namensstreits mit Griechenland blockiert nun Bulgarien den Beginn der Beitrittsgespräche und zwar ebenfalls mit einem Rückgriff auf die umstrittene gemeinsame Geschichte. Ein Treffen in der Vorwoche zwischen Politikern beider Länder in Sofia brachte keine Annäherung; erschwerend hinzu kommt die instabile politische Lage in Sofia; dazu sagte in Skopje Außenminister Bujar Osmani:

„10 Mal hat die EU-Kommission die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen empfohlen. 30 Prozent des EU-Rechtsbestandes hat Nordmazedonien bereits in seine heimische Gesetzgebung übernommen. Nordmazedonien ist daher ein Symbol für die Glaubwürdigkeit der europäischen Idee, und zwar nicht nur für uns, sondern auch für die gesamte Region. Den Besuch in Bulgarien sehen wir als gute Grundlage für eine Lösung; und mit der technischen Regierung in Sofia arbeiten wir an der Wiederherstellung des Vertrauens zwischen beiden Ländern und in den Vertrag über gutnachbarschaftliche Beziehungen. Er ist die einzige Lösung, um das Problem zwischen beiden Ländern zu lösen und die europäische Integration fortzusetzen, die auch im Interesse Bulgariens liegt.“

Ob diese Strategie Erfolg hat und wie rasch wird sich zeigen; denn hinter Bulgarien „verstecken“ sich auch jene EU-Staaten, die erweiterungsmüde sind. Klar dafür sind die Außenminister, Schallenbergs „drei Musketiere“, die auch mit Osmani vor die Presse traten. Sie lehnen auch eine Trennung des Beginns der Beitrittsverhandlungen mit Nord-Mazedonien und Albanien ab; entweder beide oder eben keine, betonte Außenminister Alexander Schallenberg. Die Position Österreichs erläuterte er im Interview in Tirana so:

"Es geht um den Beginn eines sehr harten, schwierigen Verhandlungsprozesses, wo wir viele Kapitel, viele Themen durchverhandeln werden; und am Schluss erst geht es um die Frage, ist dieser Staate ja oder nein bereit, der Europäischen Union beizutreten."

Für die EU gehe es in dieser Frage nicht nur um ihre Glaubwürdigkeit, denn die EU-Erweiterung habe auch eine geopolitische Dimension, betont Schallenberg:

"Es geht in Wirklichkeit um den Kampf der Lebensmodelle; entweder ist das ein europäisches Lebensmodell, das sich hier am Westbalkan durchsetzt, denn das ist nun einmal eine europäische Region umgeben von EU-Staaten, oder anderen. Es gibt in der Politik keine Vakuum; wenn wir uns als Europäische Union abwenden, dann werden andere, Stichwort Russland, China und Türkei hier stärker Fuß fassen, und das kann nicht in unserem strategischen Interesse sein."

Diese Meinung vertreten auch Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Slowenien, das in seiner EU-Präsidentschaft, die am ersten Juli beginnt, einen ganz klaren Schwerpunkt in Richtung Westbalkan setzen will.

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