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Albanien nach der Lokalwahl

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Berichte Albanien

Seit Jahren zählt Albanien zu den Sorgenkindern der EU. Ein ehemaliger Innenminister stehen unter massivem Verdacht in organisierten Drogenhandel verwickelt zu sein, und der politische Konflikt zwischen konservativer Opposition und sozialistischer Regierung wird auch auf der Straße ausgetragen. Die Opposition boykottiert seit Monaten das Parlament und wollte auch die gestrigen Lokalwahlen verhindern. Der Staatspräsident ergriff Partei für die Opposition und wollte per Dekret die Wahlen auf Oktober verschieben. Doch nach massivem Druck von EU und USA fanden sie gestern statt; etwa 9.000 Polizisten waren im Einsatz; hinzu kamen 250 internationale Wahlbeobachter der OSCE. Im Einsatz war auch unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz, der aus Tirana nun über die Lokalwahlen berichtet:

Das Positive der Lokalwahl ist, dass der Wahltag ohne größere Zwischenfälle verlief; detaillierte Ergebnisse liegen wegen der schleppenden Auszählung noch vor, doch wegen des Boykotts der konservativen Oppositionspartei steht fest, dass die regierenden Sozialisten nun überall gewonnen haben. Fraglich ist, wie ein Machtwechsel in konservativen Gemeinden vor sich gehen soll. Denn die Wahlbeteiligung lag in ganz Albanien nur bei 21 Prozent, in konservativen Hochburgen wie in Shkodra im Norden sogar unter zehn Prozent. Die beiden politischen Hauptgegner blieben auch nach der Wahl ihrer totalitären Rhetorik treu. So verkündete der sozialistische Regierungschef Edi Rama:

„Heute war der Tag, an dem es zu einem historischen Zusammenstoß kommen sollte zwischen der Vergangenheit und der Zukunft, zwischen Rechtlosigkeit und Gesetz, zwischen der Politik der Gewalt und der Macht der Politik, zwischen dem alten Albanien der Ungerechtigkeit, den Geistern und Fossilen der Geschichte, und den gerechten Albanien, das wir wollen."

Ganz anders bewertete Lulzim Basha, der Vorsitzende der konservativen Demokratischen Partei, das Wahlergebnis:

“Heute wurde bewiesen, dass unter Edi Rama freie Wahlen nicht möglich sind. Ich danke allen Albanern, die sich geweigert haben, der kriminellen und illegalen Farce von Edi Rama zu folgen. Sie haben das getan für eure Freiheit, für eure Familien und Kinder und für unser Albanien und die wahre Demokratie.“

Fest steht, dass die Konservativen real nun im Land weiter an Macht verlieren, denn auch in einer unterentwickelten Demokratie wie Albanien ist Mehrheit eben Mehrheit. Fest steht auch, dass die politische Krise andauert. Einen möglichen Ausweg nennt in Tirana der Politologe Afrim Krasniqi:

"Erstens muss die Macht der politischen Parteien geringer werden, denn derzeit kontrollieren sie alles. Zweitens müssen alle politischen Führer ihre Immunität verlieren und vor Gericht, wenn sie ein Problem haben. Das bedeutet, wir brauchen eine Transparenz der politischen Parteien, der Finanzierung des Wahlkampfes und der Parteien. Das wäre eine Lösung für Albanien."

Doch diese Lösung wird nur erreichbar sein, wenn USA und EU gemeinsam und die EU geschlossen auftreten, denn schließlich geht es für Albanien im Oktober um die Frage, ob das Land ein Datum für den Beginn von Beitrittsverhandlungen erhält.

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