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Skanderbegs Helm und Schwert erstmals in Albanien

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In diesen Wochen steht ganz Albanien im Zeichen der Feiern des 100. Geburtstages der Staatsgründung. Die zentrale Feier wird in der Hauptstadt Tirana am 28. November, dem Tag der Ausrufung der Unabhängigkeit im Jahre 1912, stattfinden. Doch bereits morgen steht in Tirana ein Höhepunkt bevor, denn zum ersten Mal werden in Albanien der Helm und die zwei Schwerter des Nationalhelden Skanderbeg zu sehen sein, der im 15. Jahrhundert gegen die Herrschaft der Osmanen kämpfte. Diese Gegenstände, die in der Hofjag- und Rpüstkammer in Wien aufbewahrt werden, haben für alle Albaner eine Art Reliquiencharakter, und daher ist auch die Freude in Albanien enorm groß. In Tirana und in Österreich hat unser Balkan-Korrespondent Christian Wehrschütz über die Rolle Skanderbegs mit Experten gesprochen und den folgenden Bericht über Helm und Schwerter gestaltet:

Im Nationalmuseum am Skanderbeg-Platz in Tirana werden ab heute Nachmittag zum ersten Mal Skanderbegs Helm mit dem markanten antiken königlichen Zeichen des Ziegenkopfs und seine zwei Schwerter zu sehen sein. Erwartet wird ein großer Andrang von Albanern aus nah und fern, um die wertvollen Stücke zu besichtigen. Zu den Vorbereitungen sagt die Leiterin der historischen Abteilung des Museums Sotirrudha Hoxha

„Das ist ein wichtiger Moment für uns. Von der Hauptstraße bis zum Ausstellungsort werden die Besucher auf ihrem Weg sehr viele Informationen bekommen über die Geschichte von Helm und Schwertern; das betrifft ihren Weg nach Wien, Informationen über materielle Beschaffenheit, über ihre Ausmaße und das Material. Denn viele Bürger wissen nicht zu viel über Skanderbeg.“

Kaum ein Albaner weiß auch, dass Erzherzog Ferdinand von Tirol diese Gegenstände für seine Heldenrüstkammer erst Ende des 16. Jahrhunderts und damit mehr als 100 Jahre nach dem Tod Skanderbegs erwarb. Völlig zweifelhaft ist vor allem die Authentizität eines Schwerts; warum erläutert der Direktor der Hofjagd- und Rüstkammer in Wien, Christian Beaufort-Spontin, so:

"Wenn man sich das Schwert genau betrachtet, dann sieht man auch eine goldtranchierte Verzierung, die voller osmanischer Schriftzeichen ist. Und jeder Kenner muss sofort sehen, dass dies eine plumpe Fälschung ist. Der Mann der das gemacht hat, war ein Analphabet: Dem Typus nach entspricht dieses orientalische Schwert durchaus der Zeit, aber der Fürst von Albanien hätte so etwas sicher nicht getragen, denn dazu ist es zu plump gemacht." (33)

In Albanien werden derartige Einwände kaum akzeptiert. Nachbildungen von Helm und Schwert zieren auch den Innenraum der Ruinen der Kirche in Lezha, wo Skanderbeg nach seinem Tode 1468 begraben lag, bis dann die siegreichen Osmanen das Grab zerstörten. Der Direktor des Monuments, Ali Kavaja, weist Zweifel an der Authentizität so zurück:

„Heute hört man allerlei Theorien. So sagt man auch, dass Skanderbeg vergiftet wurde, oder man sagt, dass das nicht seine wirklichen Waffen sind, weil sie später hergestellt wurden. Wir berufen uns auf unsere Historiker, und die sagen, dass sind Skanderbegs Waffen. Und ich stehe auf Seiten der Professoren unserer Akademie der Wissenschaften.“

Doch kritische Geschichtsschreibung am Balkan ist nach wie vor eher selten, und das betrifft in Albanien auch Skanderbeg, der gerade im 19. Jahrhundert zum einigenden Helden eines Volkes wurde, das religiös gespalten und zunächst vor allem nur über die Sprache als einigendes Band auf dem Weg zum Nationsbewusstsein verfügte. Zur Rolle Skanderbegs sagte der Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Wien, Oliver Jens Schmitt, der auch eine Skanderbeg-Biographie verfasst hat

"Man brauchte dringend eine Symbolfigur, die diese verschiedenen Gruppen zusammenfasst; und auch eine Symbolfigur, die im Ausland bekannt ist, man wollte ja letzten Endes auch albanische Autonomie oder albanische Eigenstaatlichkeit legitimieren und zeigen, dass die Albaner eine alte Geschichte haben wie andere Nationen auch. Nur bei Skanderbeg war es ja insofern schwierig, als dass man nicht sagen durfte, gegen wen er gekämpft hat, nämlich gegen Muslime, und vor allem war die Mehrheit seiner historischen Gegner Albaner, die zum Islam übergetreten sind. Im Prinzip hätte ein genaues Hinschauen den gesamten Nationalgedanken wieder gespalten."

Und so schaut man jetzt auch in Albanien nicht so genau auf die Herkunft von Helm und Schwertern, die nach langem Warten endlich bis 13. Jänner im Nationalmuseum in Tirana zu sehen sind.

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