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Neue Demonstrationen in Albanien

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Berichte Albanien
In Albanien geht heute wieder die sozialistische Opposition gegen die konservative Regierung auf die Straße. Demonstrationsmärsche sollen in vier Städten stattfinden. Das erfüllt mit Sorge, weil es noch keine zwei Wochen her ist, dass bei Ausschreitungen drei Demonstranten von Sicherheitskräften erschossen wurden. Zwar verlief Trauerfeier vor einer Woche in Tirana friedlich, und trotz politischer Interventionen von USA und EU sind die politischen Spannungen hoch. Über die Demonstrationen und die Chancen auf einen Ausgleich berichtet unser Balkan-Korrespondent Christin Wehrschütz

In vier Städten Albaniens will die Sozialistische Opposition ab 14 Uhr Protestmärsche abhalten. Dazu zählt Tirana, wo Oppositionsführer und Bürgermeister Edi Rama den Zug anführen wird. Reden sind nicht geplant, und das ist gut so; denn der Krieg der Worte zwischen Rama und dem konservativen Ministerpräsidenten Sali Berisha hat sich derart aufgeschaukelt, dass nun eine Abkühlungsphase angebracht ist. Rama und Berisha haben gemeinsam das politische System so aufeinander zugeschnitten, dass beide zur Zusammenarbeit eigentlich verdammt sind. In Tirana sagt dazu der eher konservativ orientierte Politologe Lutfi Dervishi:

"Es geht nicht um Rechtsstaat oder Demokratie, sondern das ist mehr ein Machtkampf. So paradox es klingt, auch der Oppositionsführer Edi Rama ist an der Macht; er kontrolliert die Hauptstadt, das bedeutet ein Drittel des Landes was die politische Unterstützung betrifft, und er hat hier die vergangenen drei Wahlen gewonnen. Daher geht es vor allem um zwei Personen, die zusammenarbeiten müssen, denn jede Scheidung würde nur eine blutige sein; und das wäre nicht im Interesse des Landes."

Doch derzeit herrschen Parteiinteressen aber auch Zeitdruck. Am 8. Mai werden in Albanien die Gemeinden neu gewählt, während der Anlass für den Machtkampf Rama-Berisha, der Streit über einen möglichen Betrug bei der Parlamentswahl 2009, noch immer nicht beigelegt ist. USA und EU sind daher bemüht, Regierung und Opposition auf dem Weg Richtung Lokalwahl zur Zusammenarbeit zu bringen. Dazu zählt, dass Rama auf vorgezogene Parlamentswahlen um jeden Preis verzichtet; Berisha wiederum muss eine faire Untersuchung des Todes der drei Albaner garantieren, die Sicherheitskräfte bei der gewalttätigen Demonstration vor zwei Wochen in Tirana erschossen haben. Die Lokalwahlen sieht auch Lutfi Dervishi als Schlüssel zur Stabilisierung an:

"Die Opposition müsste sich sicher genug fühlen, dass jede Stimme gezählt wird. In diesem Sinne ginge es vor allem darum, eine gute Atmosphäre für die Lokalwahlen zu schaffen, die selbst einen Teil des Kompromisses darstellen würden. Dabei geht es um absolute Garantien, dass diese Wahlen ohne Konflikte, Streit und Unregelmäßigkeiten sein würden."

Denn faire Lokalwahlen sind entscheidend für die weitere Annäherung Albaniens an die EU, die durch die politische Krise ohnehin schon beträchtlich verzögert worden ist.

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