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Interview mit Albaniens Regierungschef Sali Berisha

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Berichte Albanien
In Albanien steht die neue Regierung unter dem amtierenden konservativen Sali Berisha unmittelbar vor dem Amtsantritt. Die Vertrauensabstimmung im Parlament die demnächst stattfinden soll ist nur eine Formsache. Berishas Bündnis verfügt mit seinem kleinen sozialistischen Koalitionspartner über 74 der insgesamt 140 Sitze. Hauptziel von Berisha ist es in seiner zweiten Amtszeit Albanien so nahe wie möglich an den EU-Beitritt heranzuführen. In Tirana hat unser Balkan-Korrespondent mit Sali Berisha gesprochen und folgenden Bericht über Albanien auf dem Weg Richtung EU gestaltet:

Das vordringlichste außenpolitische Ziel der ersten Mitte-Links-Regierung in der Geschichte Albaniens ist es, so rasch wie möglich die Visafreiheit für den Schengenraum der EU zu erreichen. Serbien, Mazedonien und Montenegro werden diese Visafreiheit bis Jahresende erlangen. Ministerpräsident Sali Berisha hofft, dass es im Jahre 2010 so weit sein wird. Die Vernetzung der Grenzübergänge, die Reform der Grenzpolizei und die Ausgabe moderner Pässe sollen daher beschleunigt werden. Was den Weg Richtung EU insgesamt betrifft, so solle Albanien am Ende seiner zweiten Amtszeit reif für Beitrittsverhandlungen sein, sagt Sali Berisha:

„Ich denke ja, das wird geschehen. Wir haben bereits den Kandidatenstatus beantragt, und unser Ziel ist es, binnen vier Jahren diese gesamte Phase abzuschließen, um dann für die Beitrittsvereinbarung bereit zu sein. Natürlich brauchen die Albaner wahrhaft die Visaliberalisierung so rasch wie möglich. Doch was die Frage des EU-Beitritts betrifft, brauchen wir wirkliche Fortschritte, um als Mitglied in Frage kommen zu können.“

Die Reform von Justiz, Verwaltung und Wirtschaft will Berisha daher vorantreiben, auch um den Wirtschaftsstandort Albanien noch attraktiver zu machen. Als zusätzliche Motivation für Reformen sieht Berisha den Umstand, dass Slowenien jüngst die Blockade der EU-Beitrittsgespräche mit Kroatien beendet hat; sie dauerte wegen des Grenzstreits neun Monate. Sali Berisha:

„Der Fortschritt Kroatiens auf dem Weg Richtung EU ist lebenswichtig für die Region, weil Kroatien das entwickeltste Land der Region ist. Eine Blockade ist ein sehr schlechtes Signal für die EU-Mitglieder. Daher begrüße ich ihr Ende, und daher hoffe ich, dass Griechenland und Mazedonien im Namensstreit ebenfalls eine Lösung finden werden, damit auch Mazedonien Fortschritte auf dem Weg Richtung EU macht. Auch im Falle von Serbien bin ich für Fortschritte; gleichzeitig ist es lebenswichtig, dass Serbien wegen des Kosovo nicht die regionale Zusammenarbeit blockiert. Denn mit einer derartigen Blockade zeigt man, dass noch immer die Psychologie der Blockade in der Politik eines Landes dominiert.“

Ein Ende dieser Blockade ist nicht in Sicht, weil sich Serbien mit der Unabhängigkeit des Kosovo nicht abgefunden hat. Trotzdem ist Berisha der Ansicht, dass die Unabhängigkeit die Stabilität am Balkan erhöht hat. Durch den Bau einer Autobahn an die kosovarische Grenze ist Albanien bestrebt, die Abhängigkeit des Kosovo von Serbien zu verringern und seine Entwicklung zu fördern. Binnen zwei Jahren soll die Voraussetzung für den Autobahnbau auch im Kosovo geschaffen werden. Dabei gehe es nicht um eine großalbanische Strategie, sehr wohl aber um eine Annäherung beider Staaten, betont Bersiha:

„Das ist auch ein Hebel, um die schrecklichen Folgen einer ungerechtfertigten Teilung der Nation zu überwinden. Die Nation besteht aus zwei Staaten, doch einige Folgen der lange andauernden Teilung müssen verschwinden. Die Albaner müssen miteinander kommunizieren wie das alle anderen Staaten in der EU auch tun. Das ist meine Absicht.“

Die Autobahn Richtung Kosovo führte im Sommer bereits zu einem spürbaren Anstieg von Touristen aus dem Kosovo aber auch aus Mazedonien. Gleichzeitig verzeichnete der Alpintourismus sichtbare Zuwächse. Berisha will daher den Ausbau der Infrastruktur weiter forcieren, um Albanien regional stärker zu vernetzen. Getan werden soll auch etwas für den Umweltschutz, denn ohne saubere Strände und ein sauberes Meer, werden zahlungskräftige Touristen aus Europa nicht zu gewinnen sein.

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